Objektiv TTArtisan 1002.8 – Tilt & Shift & Super Makro
Ich habe ein ganz besonderes TTArtisan-Objektiv getestet, das nicht nur ein 2:1-Makro, sondern auch Tilt & Shift-Fähigkeiten hat. Was sind meine Erkenntnisse aus der praktischen Anwendung? Das Objektiv bietet eine Menge Möglichkeiten, die jedoch manchmal durch die Komplexität der Anwendung wieder aufgehoben werden.
Über bewegliche Objektivtypen können Sie im Artikel über Tilt & Shift-Objektive mehr erfahren. Nun werde ich mich darauf konzentrieren, wie der TTArtisan in der Praxis funktioniert und wie man seine Funktionen bedient.
Das TTArtisan 100/2.8 ist mein erstes Tilt & Shift-Objektiv. Ich benötigte ein Makroobjektiv. Ich verwende es hauptsächlich für Produktaufnahmen, aber nicht sehr oft. Daher hatte ich nichts gegen ein Objektiv mit manuellem Fokus, das zudem über spezielle Funktionen für die Schärfeebene verfügt – praktisch für die Produktfotografie. Außerdem ist es in Bezug auf den Anschaffungspreis sehr interessant.
Konstruktion des Objektivs
Das Objektiv besteht außen komplett aus Metall, einschließlich des Aufsteckdeckels, und macht einen sehr soliden Eindruck. Es hat keinen Autofokus, weshalb vielleicht die Hälfte der Länge vom manuellen Fokusring eingenommen wird, der sich leichtgängig, aber langsam bewegen lässt.
Die Blende ist ebenfalls manuell, ebenfalls mit einem eigenen Ring einstellbar und reicht von f/2,8 bis f/22.
Es findet keine Kommunikation mit der Kamera selbst statt. Das Gehäuse weiß nicht einmal, dass das Objektiv eingesetzt ist. Sie müssen die Aufnahme im Menü aktivieren, um Bilder zu machen, ohne dass das Objektiv erkannt wird. Da keine Kommunikation stattfindet, werden keine Blendeninformationen in den Fotos gespeichert. Und die Stabilisierung funktioniert nur, wenn im Menü wieder die richtige Brennweite gewählt wird.
Tilt & Shift-Steuerung
Am auffälligsten an dem Gehäuse sind die Bedienelemente für die Tilt- und Shift-Funktionen. In der Nähe des Bajonetts befinden sich vier Rädchen, ein Hebel und ein Knopf. Die Elemente sind in Paare unterteilt, die sich gegenüberliegen, und jedes Paar steuert eine der Funktionen. Ein Element des Paares ist immer für die Bewegung selbst zuständig, das andere dient als Sicherung und sollte wahrscheinlich (leider gibt es dazu keine Informationen in der Anleitung) auch für die Widerstandseinstellung zuständig sein.
Wenn Sie sich über die große Anzahl von Steuerkomponenten wundern, liegt das daran, dass das dritte Paar die Achsendrehung für Tilt und Shift steuert. Diese sind unterschiedlich zueinander fixiert und stehen immer senkrecht zueinander.
Die Steuerung der Achsen ist intuitiv und ihre Verriegelung ist fast unnötig – zum Drehen halten Sie einfach die Taste gedrückt und drehen das Objektiv manuell. Alle 15 Grad gibt es einen „Klick“ und wenn man den Knopf loslässt, wird die Achse wieder verriegelt.
Ärgerlich ist, dass der Drehbereich nur 90 Grad und nicht die vollen 180 Grad beträgt. Während also die vier Hauptrichtungen (oben, unten, rechts, links) abgedeckt sind, ist es nicht möglich, die Hauptachse diagonal nach rechts oben oder links unten zu drehen.
Dennoch ist dies die beste Steuerung und ich wünschte, es gäbe eine ähnliche Steuerung für Tilt und Shift separat. Die Idee, ein Rädchen für die Widerstandseinstellung und ein anderes für die eigentliche Manipulation zu haben, ist in der Theorie gut. So ähnlich ist es auch bei einem Stativkopf.
Leider hat man wohl nicht mit der Hebelwirkung gerechnet, die ein langes, dreiviertel Kilo schweres Objektiv entwickelt. Während man also auf der einen Seite nur die Sicherung ein wenig lösen muss und das Objektiv sich sofort zum Boden neigt, ist die Bewegung in die andere Richtung mit der Schraube selbst bei gelöster Sicherung extrem schwierig.
Letztendlich finde ich es viel einfacher, die Steuerräder zu ignorieren, die Verriegelung zu lösen und das Objektiv in Position zu bringen, indem ich es einfach am Ende festhalte. Anschließend wird die Verriegelung wieder geschlossen.
Die Verriegelungen haben kleinere Bedienelemente. Insbesondere der Shift-Hebel an der Unterseite des Objektivs ist sehr unergonomisch und außerdem schwer zu erreichen, wenn das Gerät auf einem Stativ steht.
Besonders schade ist, dass die Steuerräder nahe am Kameragriff liegen, wo die Finger sein sollten. Vor allem bei einer starken Verschiebung nach rechts ist einfach kein Platz für die Hand und man muss improvisieren. Aber das liegt daran, dass Sony generell wenig Platz um das Objektiv herum lässt, was auch bei normaler Ausrüstung manchmal ein Problem ist (im Gegensatz zu Canon, wo mehr Platz ist).
Praktische Beispiele für Tilt
Mit Tilt lässt sich der Fokus erheblich verändern. Unten sehen Sie drei Bilder mit unterschiedlichen Einstellungen, aber immer bei Blende f/2.8. Das erste Bild ist ohne Tilt, das zweite mit absichtlich gedrehter Schärfeebene, um die Wand schärfer zu schneiden, und das dritte mit der Schärfeebene entlang der Wand. Im letzten Bild ist die Wand vollständig fokussiert und die Blende ist immer noch f/2,8.
Tilt hat seine Grenzen, und aus praktischen Tests habe ich den Eindruck, dass die Rotation der Ebene umso größer ist, je weiter der Blick entfernt ist. Bei Makroentfernungen kann die Ebene nur um 30 bis 45 Grad aus der Normallage gedreht werden, während bei Stadtaufnahmen eine Drehung um fast 90 Grad möglich ist. Dadurch entsteht eine Art Schärfewand, bei der alles links und rechts davon deutlich unscharf wird.
Trotz der umständlichen Steuerung kann alles, was größer ist, aus der Hand fotografiert werden. Das Fokussieren ist bei maximalem Tilt und einem großen Motiv relativ einfach. Die Fokussierebene bewegt sich von links nach rechts und wird auf dem Display hervorgehoben, sodass man nur noch an der richtigen Stelle stoppen muss. Das ist einfacher als die normale manuelle Fokussierung.
In der Makrowelt ist es dagegen schwierig, den Fokus zu finden, und es ist oft unklar, ob die Schärfeebene falsch ausgerichtet oder einfach unscharf ist. Das Erzielen eines solchen Effekts ist für mich bisher zeitaufwändig, aber vielleicht wird es mit der Erfahrung besser.
Praktische Beispiele für Shift
Vermutlich werde ich Shift nicht oft verwenden. Der verfügbare Shift-Bereich ist klein. Wenn man also Gebäude mit einer so hohen Brennweite fotografiert, erhält man entweder fast keine perspektivische Verzerrung oder man überschreitet schnell einen Schwellenwert, der mit Shift noch korrigiert werden kann.
Bei kleineren Dingen macht Lens-Shift durchaus Sinn, aber nur in den extremsten Fällen. In der Praxis gibt es nur wenige Situationen, die nicht dadurch gelöst werden können, dass man ein 60-Megapixel-Foto mit normaler Ausrüstung aufnimmt und es dann gegebenenfalls bearbeitet.
Makro 2:1
Zusätzlich zu den speziellen Objektivbewegungen gibt es auch eine Makrofunktion und sogar einen 2:1-Maßstab. Ich habe eine Nahaufnahme einer Briefmarke ausprobiert, und die Zahlen scheinen zu stimmen, und die Qualität ist anständig. Im Gegensatz zum Supermakro (Canon MP-E 65mm/2.8 1-5x Macro) hat dieses Objektiv nur manuellen Fokus. Daher war es nicht möglich, aus der Ferne zu fokussieren, während die Kamera an den Computer angeschlossen war, um die Einrichtung nicht zu verwackeln. Das macht die Arbeit komplizierter als bei einem Objektiv mit einem Fokussiermotor.
Optische Qualität
Das einzige größere Problem (auch nach mehreren hundert Fotos) waren die Reflexionen im starken Gegenlicht. In dieser Hinsicht hat TTArtisan einen großen Nachholbedarf.
Die Schärfe des Objektivs ist sehr gut. Ich schaue bei allen Fotos nach Anzeichen von Vignettierung, aber sie ist nur bei den größten Verschiebungen sichtbar und lässt sich leicht korrigieren (und ist mit Tilt praktisch nicht vorhanden).
Fazit
Das Objektiv hat mich angenehm überrascht. Für relativ wenig Geld bekommt der Käufer Tilt & Shift-Fähigkeiten und ein 2:1-Makro obendrein. Es gibt zwar etwas bessere Objektive des einen oder anderen Typs, aber abgesehen vom Blick in die Sonne würde ich mich nicht scheuen, das TTArtisan 100/2.8 für Aufträge oder andere Situationen zu verwenden, in denen die Qualität des Ergebnisses eine große Rolle spielt.
Hier gibt es derzeit noch keine Kommentare.