Ultraweitwinkelobjektive und ihre Verwendung
Objektive mit einem großen Bildwinkel sind nicht jedermanns Sache, doch manchmal sind sie nahezu unersetzlich. Sie können eine Menge an Handlung festhalten, was den Betrachter aber auch ablenken kann. Wie setzt man sie also richtig ein und in welchen Situationen sind sie nützlich?
Was ist ein Ultraweitwinkelobjektiv?
Normalerweise gilt alles mit einer Brennweite unter 24 mm als Ultraweitwinkelobjektiv. Ich führe hier alles in Bezug auf den Vollformatsensor auf. Wenn Sie also einen kleineren Sensor haben, werden Sie niedrigere Werte erhalten.
Ein klassischer Vertreter der Ultraweitwinkelobjektive ist das 16-35-mm-Zoom, entweder mit f/2,8 oder f/4 Lichtstärke.
Es gibt auch wesentlich breitere Objektive. Aber die extremsten sind vom Typ Fischauge, was eine erhebliche Bildverzerrung bedeutet. Hier geht es um die sogenannten geradlinigen Objektive, die noch einen „normalen“ Output haben, bei dem die Linien der Welt um uns herum auch im Bild gerade bleiben.
Zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Artikels ist das wahrscheinlich weiteste Objektiv von Laowa und hat eine Brennweite von 9 mm mit einem Diagonalwinkel von 135 Grad. (Das Brightin Star hat auch eine eigene 9-mm-Version, die aber „nur“ 132 Grad entspricht.) Bei solch weiten Brennweiten spielt jeder Millimeter eine wichtige Rolle. Zur Veranschaulichung: Die bereits erwähnten, gebräuchlicheren 16 mm entsprechen etwa 107 Grad in der Diagonale.
Vorteile einer riesigen Aufnahme
Mit dem Ultraweitwinkelobjektiv können Sie ein ganzes Haus ins Bild setzen, auch wenn Sie keinen Platz zum Zurückweichen haben. Ähnlich wichtig ist es bei Innenaufnahmen. Es passt nicht nur der ganze Raum in den Bildausschnitt, sondern die Perspektive lässt ihn auch größer erscheinen.
Ich möchte auch die Erstellung von Panoramabildern erwähnen, bei denen ich zum weitesten Objektiv greife, das ich dabei habe. Dann muss ich nicht so viele Fotos machen wie mit einer höheren Brennweite.
Ultraweitwinkelobjektive sind auch bei Astrofotografen beliebt, weil sie einen großen Teil der Milchstraße erfassen können, eventuell auch zusammen mit einem Objekt auf der Erde.
Hohe Tiefenschärfe
Außerdem ist die hohe Schärfentiefe nützlich, die mit der Breite des Bildes zunimmt. So können Sie den Kontrast zwischen einem weit entfernten und einem sehr nahen Motiv einfangen und trotzdem beide perfekt scharf stellen.
Die hohe Schärfentiefe bedeutet auch, dass selbst Objektive, die nur über einen manuellen Fokus verfügen, relativ einfach zu bedienen sind. So können Sie eine ganze Menge Geld sparen. Aber Vorsicht: Wenn das Objektiv keine Elektronik hat, weiß die Kamera nicht, welches Objektiv angeschlossen ist.
Dadurch funktioniert die Bildstabilisierung auf dem Sensor nicht automatisch, sondern Sie müssen den genauen Brennpunkt manuell im Menü einstellen. Das ist bei Objektiven mit fester Brennweite realistisch, aber bei Zoomobjektiven geht die Stabilisierung praktisch verloren.
Achten Sie auf die Komposition
Je breiter das Objektiv, desto größer erscheinen die näher gelegenen Objekte. Umgekehrt schrumpfen die weiter entfernten Objekte schnell.
Es mag trivial klingen, aber Ultraweitwinkelobjektive treiben alles ins Extreme, und Sie müssen sich darüber im Klaren sein, was da passiert. Vergleichen Sie zum Beispiel zwei Ansichten desselben Motivs, die mit 19 mm und 12 mm Brennweite aufgenommen wurden. Die erste Aufnahme ist schon sehr breit, aber die zweite ist wirklich extrem.
Beachten Sie, dass in der Aufnahme mit dem 12-mm-Objektiv die nahe gelegene Bank den Raum zwischen dem Rand und der Mitte des Bildes einnimmt. Die anderen Bänke werden schnell kleiner und das etwa siebenstöckige Gebäude, auf das sie zusteuern, ist relativ klein.
Bei Aufnahmen von Dingen in der Ferne (Landschaft, Stadt, …) ist es oft schwierig, den Bildausschnitt sinnvoll zu füllen. Die Lösung kann ein markanteres Objekt im Vordergrund sein, das Sie in Kontrast zum Hintergrund setzen. Alternativ können Sie eine Rahmentechnik anwenden und Laub, eine nahe gelegene Architektur, einen Fensterrahmen oder irgendetwas anderes hinzufügen, das den Rand des Bildes vervollständigt.
Achten Sie beim Fotografieren auf Menschen – platzieren Sie sie möglichst nicht in den Ecken des Fotos. Die wilde Perspektive führt zu Verzerrungen und Streckungen der Ecken.
Stürzende Linien
Bei Ultraweitwinkel-Brennweiten sind stürzende Linien der Gebäude bei Betrachtung nach oben sehr auffällig. Die Lösung kann darin bestehen, sie bei der späteren Bearbeitung zu begradigen, aber denken Sie daran, dass Sie dabei einen Teil des Bildes verlieren. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, horizontal zu fotografieren, aber auch dabei nehmen Sie unnötig viel Bürgersteig auf.
Die beste Option ist die Verwendung eines speziellen Tilt & Shift-Objektivs, das jedoch aufgrund der erheblichen Kosten für die meisten Fotografen nicht in Frage kommt.
Filter
Schließlich möchte ich noch die Verwendung von Filtern erwähnen, die komplizierter ist als üblich. Viele Ultraweitwinkelobjektive verfügen nicht einmal über ein normales Filtergewinde, und für Filter gibt es komplizierte Spezialglashalter, hintere Gewinde, Einsteckschlitze und andere nicht standardisierte Möglichkeiten, oder man kann überhaupt keine Filter verwenden.
Auch bei Objektiven mit herkömmlichem Frontgewinde muss man aufpassen, dass der Filter nicht in die Ecken des Bildes ragt, wo er das Bild abdunkelt. Bei den hier verwendeten Filtervarianten handelt es sich hauptsächlich um die Versionen mit dünnem Rahmen, bei denen dieses Problem seltener auftritt.
Ultraweit ist ultra nützlich
Ich persönlich verwende das Ultraweitwinkelobjektiv sehr häufig. Es ist nicht wirklich für Porträts geeignet, aber Architektur und Landschaften lassen sich damit hervorragend fotografieren, und bei manchen Aufnahmen kann ich es mir nicht mehr ohne vorstellen.
Manfred
Hallo Vit,
das ist insgesamt ein gelungener Artikel. Irritierend finde ich jedoch den einleitenden Satz. Es sind doch in diesem Artikel sicherlich nicht Objektive mit großer Blendenöffnung sondern Objektive mit großem Bildwinkel gmeint, oder?
Viele Grüße
Manfred
Vít Kovalčík
Vielen Dank! Es war ein nicht erkannter Übersetzungsfehler, der nun behoben ist 🙂
Siegfried
Die kippenden und stürzenden Bildbeispiele finde ich suboptimal wenn es um die Vorstellung einer Ultraweitwinkeloptik geht. Damit lassen sich doch ganz andere Aufnahmen machen, als jene die auf Grund ihrer technischen Gegebenheiten auf mich eben eher mehr als Schnappschuss wirken, anstatt als bewusste Fotografie.
Sicher, eine Weitwinkeloptik erfasst einen großen Motivausschnitt. Ohne die Möglichkeit zu shiften, um den „nutzlosen“ Vordergrund loszuwerden ist in der Regel die untere Bildhälfte für die Bildaufteilung bzw. Gestaltung nutzlos. Ein Shiftobjektiv kann bedingt, ein mehrzeiliges/mehrspaltiges Panorama unbedingt/definitiv Abhilfe leisten.
Gruß Siegfried