Software-Objektivkorrekturen

Software-Objektivkorrekturen

Objektive sind nicht perfekt, doch dank zunehmend fortschrittlicher Software können ihre Mängel direkt in der Kamera oder am Computer beseitigt werden. Schauen wir uns einmal an, welche Objektivfehler auftreten können und wie deren Beseitigung die Bildqualität verändern kann – zum Guten wie auch zum Schlechten.

Es verleitet uns dazu, uns über die Objektivhersteller zu beschweren, dass sie kein gutes Produkt herstellen können. Wahrscheinlich könnten sie es, doch dann wären die Preise für die Objektive sehr hoch und das Gewicht und die Größe würden wahrscheinlich ebenfalls zunehmen.

Um das Endprodukt erschwinglich zu machen, gehen die Hersteller daher oft Kompromisse ein, auch auf Kosten kleinerer Unvollkommenheiten, die nach der Aufnahme automatisch oder manuell korrigiert werden. Es gibt nach wie vor hochwertige Objektive, doch mit der zunehmenden Rechenleistung der Bildverarbeitungsprozessoren entstehen „Linsen“, die auf Korrekturen setzen, die vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen wären.

Beispiel – Canon RF 16/2.8

Als Beispiel haben wir das Objektiv Canon RF 16/2.8 gewählt, das Ende 2021 auf den Markt kam, also zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels seit etwas mehr als einem Jahr auf dem Markt ist. Obwohl es für Full-Frame-Kameras mit großem Sensor konzipiert ist, ist das Objektiv selbst winzig und wiegt nur 165 g. Zum Vergleich: Meine anderen Objektive wiegen alle über 600 g.

Objektivkorrekturen
Canon RF 16/2.8 STM und mein übliches ultraweites Canon EF 16-35/2.8 III. Das Objektiv auf der rechten Seite hat zusätzlichen Zoom und eine höhere optische Qualität, wodurch es 4,5 Mal schwerer und 6,5 Mal teurer ist.

Bedingungen für automatische Korrekturen

Damit die Kamera die Korrekturen selbst vornehmen kann, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein. 

  • Die wichtigste ist, dass sie das Objektiv erkennen und ein Korrekturprofil dafür zur Verfügung haben muss. Manchmal bedeutet dies, dass das Gehäuse und das Objektiv vom selben Hersteller sein müssen, manchmal sind die Bedingungen nicht ganz so strikt.

In fotografischen Foren gibt es immer wieder Leute, die ein älteres Sigma-Objektiv auf einem Canon-Body montiert haben und mit seltsamen Kreisen auf dem Bild zu kämpfen haben (siehe diese Diskussion mit Beispiel). Das Problem ist, dass sie die Korrektur aktiviert haben, die Kamera das Objektiv aber nicht erkannt hat und ein anderes Profil verwendet. Wenn der Fehler nicht durch ein Firmware-Update des Objektivs behoben werden kann, muss die Autokorrektur ausgeschaltet werden.

  • Die zweite Bedingung ist, dass Sie für Korrekturen direkt in der Kamera im JPEG-Format aufnehmen müssen. In den RAW-Dateien bleiben die unkorrigierten Rohdaten erhalten, allerdings werden daneben auch die Kamera- und Objektivinformationen gespeichert. Wenn also eine RAW-Datei von einer Anwendung geöffnet wird, die diese Informationen erkennt, werden die Korrekturen automatisch angewendet. Es ist jedoch auch möglich, sie abzuschalten, entweder alle oder nur einige, was praktisch ist, da einige Korrekturen möglicherweise nichts bringen, sondern im Gegenteil das Bild sogar leicht verschlechtern können.
  • Die dritte Bedingung ist, dass die Korrekturen im Menü zugelassen sein müssen. Entweder als einzelne Option mit der Einstellung On/Off oder unterteilt in verschiedene Punkte, die unabhängig voneinander ein- und ausgeschaltet werden können.
Objektivkorrekturen
Verschiedene Optionen zum Aktivieren oder Deaktivieren von Korrekturen. Bei Canon ist die Besonderheit der Digital Lens Optimizer, der ähnliche Funktionen wie die beiden darunter liegenden Elemente hat (sie verschwinden, wenn Sie ihn einschalten), aber etwas fortschrittlicher ist.

Verzeichnung

Geometrische Verzeichnung ist eine häufige Unvollkommenheit, insbesondere bei Weitwinkelobjektiven. Sie kann sowohl einer Ausbuchtung im Bild als auch einer Vertiefung ähneln und hat manchmal eine komplexere Wellenform. Bei Zoomobjektiven ist sie bei verschiedenen Brennweiten unterschiedlich stark ausgeprägt.

Das gewählte Objektiv eignet sich perfekt zur Veranschaulichung, da die Verzeichnung hier enorm ist. Man kann die Korrektur im Kameramenü nicht einmal abschalten, weil man nicht davon ausgeht, dass man das auch wirklich tun möchte. Wenn Sie aber im RAW-Format fotografieren, können Sie die Rohdaten zu Hause überprüfen:

Ohne und mit geometrischer Verzeichnungskorrektur. Seltsamerweise nimmt dieses Objektiv einen größeren Winkel als angegeben auf, allerdings werden dann die Ränder des Bildes, wo die Fehler zu groß sind, nicht genutzt.

Die Verzeichnung wird korrigiert, indem das Bild auf die entgegengesetzte Seite verzerrt wird. Das Ergebnis ist ein ebeneres Bild, das jedoch an einigen Stellen etwas weniger scharf ist als das Original. Da es sich hier aber um eine Schärfe auf Pixelniveau handelt, werden Sie die Unschärfe beim Betrachten des Bildes als Ganzes nicht bemerken.

Detail der linken unteren Ecke vor und nach der Verzeichnungskorrektur. Das Bild wurde gestreckt und vergrößert, sodass es nicht mehr so scharf ist.

Eine Verzeichnungskorrektur ist sehr wünschenswert, wenn es präzise Linien im Bild gibt, die sogar parallel sein sollen. Architekturfotos werden es Ihnen also nach der Korrektur danken. Andererseits ist es in der Regel unnötig, sich mit der Verzeichnung bei Landschaften und natürlichen unregelmäßigen Formen im Allgemeinen zu befassen.

Vignettierung

Fast jedes Objektiv weist eine Vignettierung auf, d. h. eine Verdunkelung in den Ecken des Bildes. Sie ist bei kleineren Blendenöffnungen (z. B. f/2,8) stärker ausgeprägt und nimmt ab, wenn Sie weiter abblenden (z. B. f/8).

Vignettierung ohne Korrektur und mit Korrektur, beide Blende f/2.8.

Die Abhilfe ist einfach: Man muss die Ecken entsprechend aufhellen. Das bedeutet aber auch ein erhöhtes Rauschen in den bearbeiteten Bereichen. Manche Algorithmen (z. B. bei Canon der Menüpunkt Digital Lens Optimizer) versuchen darauf zu reagieren, indem sie in den Ecken mehr Rauschunterdrückung anwenden, was aber wiederum zu Detailverlusten führt.

Viele Fotografen fügen Vignettierung auch hinzu, um die Mitte des Bildes hervorzuheben, wo sich wahrscheinlich auch das Hauptmotiv befindet.

Die Situation ist also nicht schwarz-weiß, und selbst Kameras müssen nicht versuchen, die Vignettierung vollständig zu beseitigen, sondern nur zur Hälfte, um feinfühlig zu helfen.

Ich möchte noch auf einen weiteren Effekt hinweisen: Auch wenn Sie in RAW fotografieren, werden einige Korrekturen bei neueren Geräten in Echtzeit im digitalen Sucher angezeigt. Das kann sowohl praktisch als auch unpraktisch sein. Wenn Sie verwirrt sind, weil Ihr Sucher flackert, weil der Himmel überbelichtet ist, Sie aber in RAW bequem innerhalb der Toleranz liegen, liegt es vielleicht nur an der aktivierten Vignettierungskorrektur, die den Himmel heller macht.

Chromatische Aberration

Dieser Begriff bezieht sich auf die ungleiche Brechung verschiedener Wellenlängen des Lichts. Sie werden sich vielleicht denken, dass es Sie nicht stört, wenn das rote Auto im Bild um ein Pixel versetzt ist, und Sie haben recht. Das Problem tritt jedoch vor allem an den Rändern von weißen Objekten auf, die von einer dunklen Umgebung umgeben sind (z. B. ein heller Himmel um dunkle Baumzweige). Die verschiedenen Komponenten des weißen Lichts verschieben sich relativ zueinander, sodass normalerweise grünes oder violettes Licht in den dunklen Bereich hineinragt und unschöne Konturen erzeugt, insbesondere an den Rändern des Bildes.

Objektivkorrekturen
Das Foto wurde zur Überprüfung der Aberration mit Blende 2,8 aufgenommen und ist bereits hinsichtlich Verzeichnung und Vignettierung korrigiert.

Laterale chromatische Aberration vor und nach der Korrektur.

Es gibt zwei Arten von chromatischen Aberrationen. Die sogenannte laterale Aberration ist recht einfach automatisch zu beheben. Man muss lediglich das Bild in die einzelnen aufgenommenen Komponenten – Rot, Blau und Grün – aufteilen und dann jede Komponente ein wenig anders transformieren.

Theoretisch kann das Ergebnis wieder eine sehr leichte Weichzeichnung sein, doch die Vorteile sind erheblich, weshalb ich nicht zögere, diese Korrektur fast immer anzuwenden.

Beugung

Beugung ist eine Bildunschärfe, die nicht explizit durch die Objektivkonstruktion verursacht wird. Es handelt sich dabei um das physikalische Phänomen der Lichtbeugung, wenn das Licht dicht an einem Hindernis vorbeigeht. Dieser Effekt ist vernachlässigbar, wenn Sie mit einer niedrigen Blendenöffnung fotografieren. Wenn Sie jedoch eine große Blende wählen, schaffen Sie eine sehr kleine Öffnung für das Licht, wodurch ein großer Teil der durchfallenden Strahlen sehr nahe an den Blendenlamellen vorbeiläuft. Auf diese Weise wird ein großer Teil des Lichts in verschiedene Richtungen abgelenkt, was die Bildqualität beeinträchtigt.

Objektivkorrekturen
Ausgewähltes Foto zur Darstellung von Aberrationen, Blende f/22.

Die Aufnahme, die die Aberration zeigt, ist zwar künstlerisch nicht anspruchsvoll, aber sie ist genau die Art von Aufnahme, bei der die Beugungskorrektur zum Tragen kommt. Um sowohl das nahe als auch das entfernte Motiv gleichzeitig scharf abzubilden, ist eine sehr große Blende erforderlich, in diesem Fall f/22. Und das bringt eine leichte Unschärfe in Form von Beugung mit sich.

Beugung Laterale chromatische Aberration vor und nach der Korrektur.

Hilfe gibt es in Form von Software-Fokussierung des Bildes, die jedoch auch Rauschen oder andere unerwünschte Teile fokussieren könnte. Wir befinden uns also wieder in einer Quid-pro-Quo-Situation.

Spätere Korrekturen

Wenn Sie im RAW-Format fotografieren oder aus anderen Gründen keine Autokorrekturen in der Kamera vornehmen möchten, bedeutet das nicht, dass Sie komplett auf diese verzichten müssen.

Es ist immer noch möglich, einige oder alle dieser Schritte auf dem Computer durchzuführen. Eine Möglichkeit ist Zoner Photo Studio, das die RAW-Formate der meisten Kameras unterstützt, oder der alternative Adobe DNG Converter. Bei all diesen Konvertern muss man sich jedoch auf Schätzungen und Messungen von Objektivfehlern verlassen, sodass die Korrekturen möglicherweise nicht dieselben sind, die man in einem JPEG-Bild von der Kamera sehen würde. Selbst die Hersteller von Fotoausrüstung bieten ihre eigenen Programme an. In diesem Fall Canon Digital Photo Professional, das die gleichen Korrekturen enthält, die auch eine Kamera anwenden würde, nur dass Sie wesentlich mehr Kontrolle darüber haben.

Objektivkorrekturen
Objektivkorrektur in Zoner Photo Studio in Entwickeln. Sie können darauf unter dem Symbol Kamera und Objektiv zugreifen (im Screenshot oben ausgewählt).
Objektivkorrekturen
Die Canon Digital Photo Professional App und ihre Korrekturmöglichkeiten.

Wenn selbst diese Option für Sie nicht gut genug ist, können Sie immer die gesamte Palette der Werkzeuge im Zoner Photo Studio Editor verwenden, einschließlich Masken und weiterer nützlicher Funktionen. Zum Beispiel können Sie Korrekturen nur auf kleine Bereiche eines Bildes anwenden.

Manche Korrekturen nahezu immer, andere in Maßen

Die Möglichkeit, Unvollkommenheiten des Objektivs (halb-)automatisch zu kompensieren, ist großartig. Diese Funktionen sparen eine Menge Zeit, vor allem bei der Architekturfotografie, wo Korrekturen unerlässlich sind, aber auch bei vielen anderen Gelegenheiten können sie sich als sehr hilfreich erweisen.

Und wenn Ihnen etwas an den automatischen Korrekturen nicht gefällt, wissen Sie nun, dass Sie sie in der Kamera ausschalten oder später bei der manuellen Bearbeitung des Fotos optimieren können.

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