Fotografieren über Glas

Glas ist ein einzigartiges Material, das eine große Hürde für Fotografen darstellt. Fotografiert man nämlich Glas, dann entstehen Spiegelungen, die man oftmals versucht zu beseitigen. Manchmal gibt es aber Situationen, wo man die Lichtreflexe für sich nutzen kann.

Wenn ich die Aufgabe bekomme irgendein Objekt über Glas zu fotografieren, dann denke ich meistens erst darüber nach, wie ich die Spiegelungen vermeiden kann. Was man hier zur Vorbeugung machen kann, erkläre ich Ihnen beim nächsten Mal. In diesem Beitrag möchte ich mich eher darauf konzentrieren, warum und wie man die Spiegelung effektiv beim Fotografieren für sich nutzen kann.

Wie soll man anfangen? Am besten im manuellen Modus!

Zunächst einmal stelle ich den manuellen Modus sowie die manuelle Fokussierung ein. Wenn ich über Glas fotografiere, dann drehe ich so lange an der Fokussierung, bis ich den gewünschten Effekt erhalte. Beim Fokussieren im Automatik-Modus hat man das Problem, dass die Kamera bspw. den Staub, Schmutz oder Kratzer erfasst, während der manuelle Modus uns hier Freiheit lässt. Verwenden Sie keinen Blitz, da hierdurch unerwünschte Lichtreflexe entstehen. Analysieren Sie die Umgebung in der Sie fotografieren. Scheuen Sie sich auch nicht davor zu experimentieren – manchmal wirken die Farben leicht verwischt und so entsteht der Eindruck, dass das Bild mit Wasserfarben erstellt wurde.

Das Foto wurde von der Terrasse aus gemacht. Unser Papagei hockt gerne zwischen Blumen und schaut aus dem Fenster. Ich habe gewusst, dass hinter mir Sträucher sowie Bäume liegen und dieses Wissen habe ich genutzt. Die Spiegelung der Sträucher und Bäume hat sich mit der Blume vermischt und dazwischen hat der Papagei gehockt. Durch die Farben des Vogels entsteht der Eindruck, als ob das Foto gemalt wurde.
Nikon D3300, AF-S NIKKOR 18-55 mm 1:3.5-5.6 G II, 1/50 s, f/5.6, ISO 100, Brennweite 52 mm

Doppelter Belichtungseffekt

Der doppelte Belichtungseffekt ist eine Technik, bei der die Aufnahmen übereinandergelagert werden und somit entstehen Bilder, die sich aus zwei oder mehreren Fotos zusammensetzen. Durch das Fotografieren über Glas erhält man einen ähnlichen Effekt, wobei ich diese Technik am liebsten bei der Personen- oder Porträtfotografie anwende.

Eine junge Dame sitzt im Café und überlegt sich, was sie bestellen soll. Ich bin schnell hinausgerannt und habe diesen Moment über das gläserne Schaufenster erfasst. Hinter meinem Rücken stand die Sonne sowie einige Gebäude, die anschließend auf dem Foto widergespiegelt wurden.
Nikon D3300, AF-S NIKKOR 18-55 mm 1:3.5-5.6 G II, 1/80 s, f/5 , ISO 100, Brennweite 46 mm

Beim Fotografieren über Glas achte ich immer darauf, dass keine Objekte auf dem Bild auftauchen, die ich nicht haben möchte. Hierbei wirken vor allem andere Menschen störend. Es gibt in dieser Situation zwei Möglichkeiten, die Sie zur Auswahl haben. Warten, warten und noch mal warten. Vielleicht kommt dann der passende Moment, um den Auslöser zu betätigen. Meist ist dann aber der Moment weg, den man erfassen wollte.

Hier habe ich auf den richtigen Moment gewartet, bis keine Touristen mehr sichtbar sind. Darüber hinaus habe ich auf das Licht und den Schatten konzentriert.
Nikon D3300, AF-S NIKKOR 18-55 mm 1:3.5-5.6 G II, 1/800 s, f/5.6, ISO 200, Brennweite 55 mm

Oder Sie können sich auf Zoner Photo Studio verlassen und Ihre Retuschierungskünste unter Beweis stellen. Damit mir ein gewisser Moment nicht entwischt, drücke ich oftmals sofort den Auslöser obwohl es noch kleine Unvollkommenheiten gibt, die ich anschließend in ZPS behebe.

Hier war der Kopf einer Person auf der Aufnahme zu sehen. Damit der Gesamteindruck nicht ruiniert wurde, habe ich diese Person in Zoner Photo Studio wegretuschiert. Nikon D3300, AF-S NIKKOR 18-55 mm 1:3.5-5.6 G II, 1/320 s, f/4.2, ISO 100, Brennweite 28 mm

Originalität dank Licht und Schatten

Fotografiert man über Glas, dann kann das Bild an Originalität gewinnen. Man hat hier die Möglichkeit, die eigene Wahrnehmung der Welt zu veranschaulichen und so die eigene Kreativität anzuspornen. Durch die Spiegelungen entstehen einzigartige Farben, Lichter sowie Schatten, die Sie oftmals nicht einmal mit dem besten Bildbearbeitungsprogramm erreichen können. Ein gewöhnliches Objekt können Sie so in einem völlig anderen Licht präsentieren.

Die Blumen hinter einem Glasfenster habe ich in einer Stockholmer Gasse gemacht. Der Hintergrund wurde weicher und dank der hellblauen Tönung wirkt das Bild insgesamt angenehm und leicht verträumt. Nikon D3300, AF-S NIKKOR 35 mm 1:1. 8 G, 1/1000 s, f/1.8, ISO 100

Atmosphäre, Raum und Hintergrund

Glas verhält sich oftmals wie ein Spiegel. Der Raum hinter uns wird reflektiert, wodurch ein neuer Raum im Bild entsteht. Wenn Sie noch mehr Räume in das Bild integrieren können, dann eröffnet sich eine völlig neue Welt. So kann die Fotoaufnahme mehr aussagen, als man auf den ersten Blick denkt.

Der Raum hinter der jungen Dame im Café zeigt die Terrasse. Die Spiegelungen auf der linken und rechten Seite wiederspiegeln die Tische sowie Stühle, die real gar nicht neben dem Mädel existieren. Zudem sieht es so aus, als ob sich die Dame an einem Tisch stützt.
Nikon D3300, AF-S NIKKOR 18-55 mm 1:3.5-5.6 G II, 1/60 s, f/5.6, ISO 100, Brennweite 55 mm

Durch das Fotografieren über Glas wird zudem eine märchenhafte Atmosphäre geschaffen. Im Mittelpunkt der Szene steht das Hauptobjekt, welches durch den verschwommenen Hintergrund noch verstärkt wird. Zudem erreichen wir eine sehr niedrige Blendenzahl (z. B. f/1.5 oder f/1.8). Je niedriger die Blendenzahl ist, desto mehr Licht gelangt auf die Kameralinse und umso mehr verschwommen wirkt das Bild.

Oftmals möchte ich von meinem Urlaub auch Fotos von regionalen Köstlichkeiten machen. Durch die Spiegelungen wirkt das Bild weich und die gedämpften Farben erwecken in mir das Verlangen nach den köstlichen Zimtschnecken. Den guten Geschmack vergesse ich wahrscheinlich nie wieder.
Nikon D3300, AF-S NIKKOR 35 mm 1:1. 8 G, 1/200 s, f/1.8, ISO 100 

Glas ist meist ein unbeliebter Gegner vieler Fotografen. Daher machen diese eher einen großen Bogen um das Glas. Das Material stellt sicherlich eine gewisse Hürde dar, aber dennoch kann man mit Glas wunderschöne Effekte erzielen, die einen regelrecht begeistern.

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Kommentare (5)

  1. Sehr schöner und nützlicher Artikel.

  2. Vielen Dank, liebe Lenka 🙂 es ist sehr inspirativ!

  3. Volle Inspiration bekommen. Bislang war Glas immer ( wie gesagt ) ein unbequemer Gegener. Danke für den Artikel.

  4. Ich finde es gut mal Glas angesprochen zu haben. War vollkommen aus meinem Focus verschwunden. Werde jetzt mal in meinem Archf nach frühen Aufnahmen suchen. Hab da einiges gemacht. Manfred Buge

  5. wenn ich durch Glas ein Objekt fotografiere, dann verwende ich Polfilter, somit entziehe ich die Spiegelungen vom Glas. Manchmal sind die Spiegelungen auf den Glas sehr nützlich

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