Eindrucksvolle Porträts in der Natur

Wenn Sie ein Model fotografieren oder mit Freunden auf einem Ausflug sind und ein paar Porträts machen möchten, dann bietet die Natur die ideale Umgebung für Fotos. Sie ist schnell erreichbar, Genehmigungen sind nicht nötig und darüber hinaus ist sie überall um uns herum. Erhalten Sie in diesem Artikel Tipps, wie man gelungene Fotos in der Natur macht.

Ich möchte noch kurz etwas anmerken, bevor wir anfangen. Mit dem Begriff „Porträt“ meine ich nicht nur die Aufnahme des „Kopfes und der Schultern“, was normalerweise charakteristisch für Porträts ist. In diese Kategorie fällt auch das Fotografieren des ganzen Körpers.

Brennweite und Blende

Bei der Vorbereitung dieses Artikels habe ich zunächst einmal mein Fotoarchiv durchforstet. Anschließend habe ich 38 Fotoaufnahmen ausgewählt und letztendlich haben es nur die Aufnahmen geschafft, die Sie in diesem Artikel sehen können. Beim Durchgehen der Bilder habe ich bemerkt, dass bis auf zwei Aufnahmen immer die bestmögliche Blende verwendet wurde, die mit dem Objektiv verwendet werden kann.

Der erste Tipp von mir lautet daher: Falls Sie keine anderen künstlerischen Absichten haben, dann nutzen Sie bei der Porträtfotografie am besten einen niedrigen Blendenwert – d. h. die kleinste Zahl, wie zum Beispiel f/2.8. Und sollte es möglich sein, dann ist ein noch niedrigerer Wert zu wählen. Der Hintergrund ist dadurch unscharf und das Model tritt optisch in den Vordergrund.

>> Durchstöbern auch Sie Ihr Fotoarchiv und achten Sie auf die verfügbaren Informationen. Sie erfahren auf diese Weise, um welche Uhrzeit, an welchem Tag und mit welchem Objektiv Sie fotografieren. Sie erhalten auch Hinweise darauf, welches Objektiv noch in Ihrer Sammlung fehlt oder überflüssig ist.

Im zweiten Schritt wird der Hintergrund noch unschärfer gemacht. Dies geschieht mithilfe der einer höheren Brennweite. Typisch sind hier Werte um die 100 mm und mehr (in Umrechnung auf full frame). Diese Werte sind wirklich wichtig bei Porträt Nahaufnahmen, die nur den Kopf wiedergeben sollen.

Falls Sie den ganzen Körper fotografieren möchten, dann können sie auch kurze Brennweiten wie beispielsweise 35 mm verwenden. Aber auch hier gilt, dass je höher die Brennweite ist, desto größer ist der Kontrast zwischen dem Model und dem unscharfen Hintergrund.

Vergleichen Sie die folgenden zwei Aufnahmen. Die erste Aufnahme wurde mit einer niedrigen bzw. kurzen Brennweite und einer hohen Blendenzahl gemacht. Hierdurch kommt auch die Umgebung zur Geltung.

Porträtaufnahme mit einem Weitwinkelzoom. Hierdurch wird auch die Umgebung Teil der Aufnahme. Canon 5D Mark III, Canon EF 16-35/2.8 II, 1/200 s, f/16, ISO 100, Brennweite 16 mm
Porträtaufnahme mit einem Weitwinkelzoom. Hierdurch wird auch die Umgebung Teil der Aufnahme.
Canon 5D Mark III, Canon EF 16-35/2.8 II, 1/200 s, f/16, ISO 100, Brennweite 16 mm

Die Aufnahme mit einer langen Brennweite und niedrigen Blende ist eher der Regelfall bei Porträtaufnahmen. Die Umgebung wird hierbei eher verdrängt:

Porträtaufnahmen mit einer langen Brennweite. Das Model tritt hier in den Vordergrund. Canon 5D Mark III, Canon EF 70-200/2.8 II, 1/125 s, f/2.8, ISO 100, Brennweite 120 mm
Porträtaufnahmen mit einer langen Brennweite. Das Model tritt hier in den Vordergrund.
Canon 5D Mark III, Canon EF 70-200/2.8 II, 1/125 s, f/2.8, ISO 100, Brennweite 120 mm

Persönlich bevorzuge ich eher die zweite Variante und denke, dass der Großteil der Fotografen diese Variante favorisiert. Ich möchte jedoch betonen, dass beide Varianten gut sind. Bei der ersten Variante wird mehr die Umgebung miteinbezogen, während sie bei der zweiten Möglichkeit eher verdrängt wird. Das Model tritt hierdurch mehr in den Fokus der Aufnahme.

Die Aufnahmehöhe

Sicherlich haben Sie bereits bemerkt, dass ich bei Ganzkörperporträits stets versuche, aus einer niedrigen Aufnahmehöhe zu fotografieren. Eine Aufnahme auf Hüftebene ist ideal. Für spezielle Zwecke kann man sich sogar auf eine noch niedrigere Höhe begeben. Dies kann man beim vorigen Bild sehen, wo ich aus einer Höher den Knöcheln entsprechend fotografiert habe.

Es gibt auch einen Trick, wie man die Aufnahmehöhe bei Fremdbildern ermitteln kann. Sie müssen hierbei lediglich den Horizont bestimmen. Dieser ist entweder direkt sichtbar oder er liegt versteckt hinter einem Wald bzw. einem Berg. Im zweiten Fall kann man dennoch abschätzen, wo sich der Horizont befindet – der Fotograf befindet sich nämlich auf der selben Ebene, auf der sich der Horizont mit dem Model kreuzen.

Die Komposition bei Ganzkörperporträts

Die Komposition bei den vorigen zwei Aufnahmen ist ziemlich identisch, was nicht verwunderlich ist. Das Model ist nämlich gemäß der Goldenen Schnitt Regel, in einem Drittel des Bildes positioniert. Genau gegenüber vom Model befindet sich rechts ein Brückensteg, der das Bild ausbalanciert. Der Raum im Bild wird somit optimal ausgenutzt.

Ein weiteres Beispiel. Canon 5D Mark III, Sigma 50/1.4 Art, 1/200 s, f/1.4, ISO 100, Brennweite 50 mm
Ein weiteres Beispiel.
Canon 5D Mark III, Sigma 50/1.4 Art, 1/200 s, f/1.4, ISO 100, Brennweite 50 mm

Der goldene Schnitt ist jedoch nur eine Kompositionsmöglichkeit. Falls Sie das Model in die Mitte positionieren, dann handelt sich nicht um einen Fehler. Das Model ist berechtigterweise das Hauptmotiv der Fotoaufnahme und in der Mitte kommt Sie sicherlich zur Geltung – wie auf dem nächsten Beispiel zu sehen ist. Anfänger haben die Tendenz, den Fokus auf den Kopf zu richten (das ist noch richtig), aber danach lassen Sie diesen in der Mitte des Bildes, wodurch unnötigerweise viel Platz über dem Haupt entsteht.

Beim Fotografieren empfehle ich folgende Vorgehensweise:

  1. Konzentrieren Sie sich mit Ihrer Kamera zunächst auf das Gesicht – am besten auf die Augen. Die Kamera stellt hierdurch das Bild scharf und genauso die Belichtung.
  2. Sobald Sie mit den Kameraeinstellungen fertig sind, müssen Sie nur noch die richtige Komposition finden.

Wenn Sie das nächste Bild betrachten, dann können Sie sehen, dass sich nicht der Kopf in der Mitte der Aufnahme befindet, sondern der Bauch.

Positionieren Sie nicht den Kopf des Models in der Mitte des Fotos. Es entsteht sonst zu viel Raum über dem Kopf. Korrigieren Sie daher lieber noch mal die Komposition. Canon 5D Mark III, Canon EF 70-200/2.8 II, 1/200 s, f/2.8, ISO 200, Brennweite 102 mm
Positionieren Sie nicht den Kopf des Models in der Mitte des Fotos. Es entsteht sonst zu viel Raum über dem Kopf. Korrigieren Sie daher lieber noch mal die Komposition. Canon 5D Mark III, Canon EF 70-200/2.8 II, 1/200 s, f/2.8, ISO 200, Brennweite 102 mm

Bei der Aufnahme kann man noch etwas erkennen, was die Aufnahme besonders macht: Unscharfe Objekte im Vordergrund des Models. Dies ist bei Weitem nicht typisch und solange Sie sich nicht darauf konzentrieren werden, dann werden mit allergrößter Wahrscheinlichkeit solche Bilder in Ihrem Fotoarchiv fehlen. Der Vorteil mit den unscharfen Objekten im Vordergrund liegt darin, dass sie dem Bild zusätzlich Tiefenschärfe verleihen.

Erfahrene Fotografen sind es gewohnt über den Hintergrund des Models nachzudenken. Falls Sie es aber schaffen, dass Sie auch Objekte im Vordergrund integrieren, dann liegt Ihre Aufnahme mindestens eine Klasse höher.

Ich füge noch eine Beispielaufnahme hinzu. Hier musste ich mich durch das Dickicht kämpfen und auf die Knie begeben. Nur so war ich in der Lage, dieses Bild zu machen. Dennoch muss ich sagen, dass sich der Aufwand gelohnt hat und ich mit dem Ergebnis zufrieden bin.

Konzentrieren Sie sich nicht nur auf den Hintergrund, sondern auch auf den Vordergrund der Aufnahme. Canon 5D Mark III, Sigma 50/1.4 Art, 1/200 s, f/1.4, ISO 100, Brennweite 50 mm
Konzentrieren Sie sich nicht nur auf den Hintergrund, sondern auch auf den Vordergrund der Aufnahme.
Canon 5D Mark III, Sigma 50/1.4 Art, 1/200 s, f/1.4, ISO 100, Brennweite 50 mm

Möchten Sie mehr über die Komposition wissen? Dann lesen Sie den Artikel: Grundregeln der Komposition

Fotoposen der Models

Ich habe die ganze Zeit von der Komposition gesprochen, aber wenn Sie nochmals die vorigen Fotos und Posen der Models betrachten, dann können Sie etwas bemerken. Die Models lehnen Sich meistens an etwas an, sitzen auf einem Gegenstand oder berühren zumindest ein Objekt. Dies ist natürlich und zudem aus mehreren Gründen praktisch.

Der erste Grund liegt im Zusammenspiel mit der Umgebung. Selbstverständlich kann das Model in der Mitte auf dem Weg stehen. Solange es aber keinen Gegenstand berührt, solange wird es so aussehen, als sei das Model nachträglich am Computer in die Szene positioniert worden. Durch die Berührung eines Objektes wird das Model hingegen Teil der Umgebung.

Der zweite Vorteil ist, dass durch die Berührung das Problem „Was soll ich mit den Händen oder mit den Beinen machen?“ entfällt. Man muss sich somit keine künstlichen Posen ausdenken, die nicht realistisch aussehen, sondern es langt ganz einfach, dass sich das Model an einen Baum anlehnt so wie wir es manchmal auch tun. Ferner ist dies gerade für Models, die gerade mit dem Modeln angefangen haben (nicht wie diese hier), eine große Hilfe. Das liegt daran, weil die Arbeit mit einer natürlichen Umgebung viel einfacher ist als künstliche Posen mit Händen in der Luft ohne jeglichen Rückhalt.

Aufnahmen von der Mitte der Waden

Der Mensch muss nicht komplett abgebildet werden, sondern es reicht auch, dass nur Teile des Körpers abgebildet werden. Ich beginne zunächst mit den Aufnahmen, bei der nur die Hälfte der Figur zu sehen ist.

Damit eine Aufnahme auch ästhetisch wirkt, sollte man beispielsweise von der Mitte der Waden beginnen und nicht etwa bei den Fußknöcheln. Das Model kann ferner am Rand oder in der Mitte positioniert sein.

Ein Model am Rande der Aufnahme positioniert, damit auch der Sonnenuntergang im Hintergrund zur Geltung kommt. Canon 5D Mark III, Canon EF 85/1.8, 1/200 s, f/1.8, ISO 800, Brennweite 85 mm
Ein Model am Rande der Aufnahme positioniert, damit auch der Sonnenuntergang im Hintergrund zur Geltung kommt. Canon 5D Mark III, Canon EF 85/1.8, 1/200 s, f/1.8, ISO 800, Brennweite 85 mm
Komposition in der Mitte. Canon 5D Mark III, Canon EF 85/1.8, 1/200 s, f/1.8, ISO 100, Brennweite 85 mm
Komposition in der Mitte. Canon 5D Mark III, Canon EF 85/1.8, 1/200 s, f/1.8, ISO 100, Brennweite 85 mm

So nah wie möglich

Falls selbst die Hälfte des Körpers zu viel ist, dann beginnt man im nächsten Schritt mit der Aufnahme von der Bauchregion aufwärts oder man macht wirklich nur „reine“ Porträts, d. h. man fotografiert nur den Kopf und die Schultern.

Allgemein gilt, dass je höher der Detailgrad ist, desto unschärfer wird der Hintergrund beim Fotografieren. Im Extremfall, also bei der ausschließlichen Aufnahme des Kopfes erhalten wir einen sehr unscharfen Hintergrund mit dunklen und hellen Flecken. Die Umgebung ist in diesem Fall nicht mehr erkennbar. Man kann diese Herangehensweise praktisch immer verwenden, aber sie eignet sich besonders dann, wenn der Hintergrund uninteressant ist. Je weiter die Umgebung entfernt ist, desto stärker ist der Effekt.

Canon 5D Mark III, Canon EF 70-200/2.8 II, 1/80 s, f/2.8, ISO 400, Brennweite 200 mm
Canon 5D Mark III, Canon EF 70-200/2.8 II, 1/80 s, f/2.8, ISO 400, Brennweite 200 mm

Möchte man hingegen auch einen Teil schönen Natur wiedergeben, dann kann man zwischen den Bäumen hindurch fotografieren. Ferner hat man die Möglichkeit, zwischen Blättern hindurch zu fotografieren. Beliebt bei Fotografen sind besonders blühende Bäume im Frühling.

Blühende Bäume im Frühling. Canon 5D Mark III, Canon EF 85/1.8, 1/100 s, f/1.8, ISO 200, Brennweite 85 mm
Blühende Bäume im Frühling.
Canon 5D Mark III, Canon EF 85/1.8, 1/100 s, f/1.8, ISO 200, Brennweite 85 mm

Das uns die Jahreszeit nicht beschränkt, kann man auf der nächsten Aufnahme sehen, die im Winter gemacht wurde. Ich möchte nur anmerken, dass das Licht von der Seite durch meinen Blitz und einem Lila-Filter erstellt wurde.

Auch vereiste Ästchen im Winter können eindrucksvoll aussehen. Canon 5D Mark III, Canon EF 70-200/2.8 II, 1/200 s, f/2.8, ISO 100, Brennweite 100 mm
Auch vereiste Ästchen im Winter können eindrucksvoll aussehen.
Canon 5D Mark III, Canon EF 70-200/2.8 II, 1/200 s, f/2.8, ISO 100, Brennweite 100 mm

Die letzte Aufnahme ist ein Beispiel dafür, dass selbst bei detaillierten Aufnahmen eine Interaktion des Models mit der Umgebung möglich ist. Hierbei besteht jedoch die Gefahr, dass durch ein unglücklich gewähltes Ausschneiden der Aufnahme, der „Effekt fremder Hände“ auftritt. Hierbei ragen die Hände am unteren Rand nach oben, wobei ein Teil der Glieder nicht dargestellt wird. Hierdurch entsteht der Eindruck, als handle es sich hierbei um Hände einer anderen Person. Zum Glück wird der Großteil der Betrachter dies nicht bewerten und somit kann man Aufnahmen dieser Art ohne großen Aufwand machen.

Der „Fremde Hände Effekt“ entsteht durch unglückliches Ausschneiden bei der Aufnahme. Aber nicht jeder bemerkt ihn sofort. Canon 5D Mark III, Canon EF 85/1.8, 1/200 s, f/1.8, ISO 100, Brennweite 85 mm
Der „Fremde Hände Effekt“ entsteht durch unglückliches Ausschneiden bei der Aufnahme. Aber nicht jeder bemerkt ihn sofort.
Canon 5D Mark III, Canon EF 85/1.8, 1/200 s, f/1.8, ISO 100, Brennweite 85 mm

Entdecken Sie weitere Effekte

Die erwähnten Tipps sind nur eine kleine Auswahl an Möglichkeiten, wie man ein Porträt erstellen kann. Sie werden mit der Zeit und dem Ausprobieren selbst neue Ideen haben, wie Sie eine Aufnahme erstellen.

Bleiben Sie auf dem Laufenden, jede Woche
veröffentlichen wir Neuigkeiten aus der Welt der Fotografie

Abonnieren Sie das Beste von lernen.zoner.de

Die E-Mail-Adresse hat ein falsches Format.

Mit der Bestätigung des Abonnements stimmen Sie der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Erhalt von Nachrichten zu. Mehr erfahren Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

AutorVít Kovalčík

Ich bin seit 2012 freiberuflich tätig und verdiene meinen Lebensunterhalt als Fotograf in Brünn. In den vergangenen Jahren habe ich meine Erfahrungen mit Fotografie im Studio und anderswo gesammelt, als ich tagsüber arbeitete und abends und am Wochenende fotografierte. Ich habe kein bestimmtes Thema - ich fotografiere gerne Menschen, aber auch Landschaften und Städte.

Kommentare (1)

  1. Sehr schöne Portraits

Schreibe einen Kommentar zu Michael Hoverath Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert