Wie verbessert man die Bildkomposition? Ein einfaches Training hilft Ihnen hierbei
Niemand ist perfekt, selbst nicht der Allwissende, um im Voraus zu wissen, welche Bildkomposition eine elegante Lösung ist und welche man lieber sein lassen sollte. Daher spricht nichts dagegen, ein einfaches Kompositionstraining im Freien zu machen. Man muss nur ein interessantes Objekt finden.
Im Internet stoßen Sie auf viele sowie wunderschöne Galerien talentierter Fotografen, wo jedes Foto mehr oder weniger perfekt aussieht. Man könnte meinen, dass sie über eine tolle künstlerische Begabung verfügen oder eine Vision haben, um ein Prachtstück nach dem anderen aus dem Ärmel zu schütteln.
Natürlich kann etwas daran wahr sein. Oftmals sieht der Betrachter jedoch nicht die vielen anderen Aufnahmen, die der Fotograf an der gleichen Stelle (manchmal auch mehrere Besuche) gemacht hat. Und am Ende wählt der Fotograf das beste Foto aus und veröffentlicht es. Bis er jedoch zu diesem Ergebnis gekommen ist, musste er zunächst mithilfe von mehreren Aufnahmen an der Komposition feilschen, um das hervorzuheben, was er wollte.
Der Weg zur Verbesserung der eigenen Fertigkeiten
Erfahrene Fotografen haben schon eine bestimmte Vorstellungskraft entwickelt, um abzuschätzen, wie das Endergebnis wohl aussehen wird. Die “langweiligen” Varianten werden ganz einfach ausgelassen. Aber auch für solche Fotografen ist es ein Mehrwert, wenn sie neue, zuvor noch nicht ausprobierte Kompositionen ausprobieren, weil man so zu überraschenden Ergebnissen kommen kann.
Genauso gut kann sich jeder Fotograf verbessern. Hierzu muss man an einem fotogenen Ort lediglich mehrere Aufnahmen machen, als nur ein Bild wie zuvor. So können Sie neue Alternativen ausprobieren und vielleicht finden Sie für sich persönlich eine Lieblingsbildkomposition, die Ihnen gut liegt.
In der Praxis sollten Sie beispielsweise folgendermaßen vorgehen:
Veranschaulichung am Beispiel einer Kirche
Zur Demonstration habe ich eine kleine Kirche ausgewählt, die ich zufälligerweise bei einer Autofahrt entdeckt habe. Wenn ich manchmal morgens reise und tolles Wetter sein soll, begebe ich mich etwas früher auf den Weg. Während der Fahrt beobachte ich die Umgebung, ob ich nicht zufälligerweise auf etwas Interessantes stoße. Beim Sonnenaufgang sind auch gewöhnliche Szenen wunderschön und oftmals entdeckt man etwas Neues.
Bei meiner hundert Kilometer langen Fahrt war die Kirche die vierte von am Ende fünf ähnlichen Haltestellen.
Gemeinsam mit dem Friedhof liegt Sie einsam inmitten eines Feldes, wo gelegentlich rote Blüten der Mohnblumen herumfliegen. Dank der niedrig gelegenen Sonne entstand somit eine sehr fotogene Szene.
Erwähnen muss ich hierbei, dass es 06:45 Uhr war, wobei die Sonne Mitte Juni bereits um 04:45 Uhr aufgeht. Die goldene Stunde habe ich somit verpasst.
Generell versuche ich neben dem Hauptobjekt, noch etwas in das Bild hineinzukomponieren, damit das Bild interessanter wirkt. In diesem Fall boten sich die roten Mohnblumen an, weil sich in der Umgebung nichts anderes befand. Bereits beim ersten Versuch befanden sich die Mohnblumen im Vordergrund, dann kam die Kirche sowie die Sonne.
Wie Sie vielleicht bemerkt haben, habe ich bei diesem Foto eine Blende von f/22 genutzt, um die Fokussierung sowohl auf die Mohnblumen als auch die Kirche zu richten. Aber auch so ist mir der Versuch nicht ganz gelungen, weil die Kirche im Hintergrund unscharf abgebildet wurde.
Das Foto ist nicht schlecht, aber wie wäre es mit einer anderen Vorgehensweise? In diesem Fall eine längere Brennweite nutzen und auf die Kirche fokussieren. Die Mohnblumen werden hierdurch absichtlich unscharf dargestellt. Genau dies habe ich im nächsten Bild versucht, wobei ich ein anderes Objektiv mit einer längeren Brennweite verwendet habe.
Bei dieser Aufnahme musste ich etwas tiefer gehen und in den Wildwuchs eintauchen, wo es unmöglich war, die Blumen auszulassen. Die Situation wurde zudem durch den Wind komplizierter. Den problematischen rechten Rand könnte man jedoch bei Bedarf retuschieren.
Es lohnt sich versuchsweise die Orientierung der Kamera zu wechseln. Dies ist selbstverständlich von der konkreten Situation abhängig, in manchen Fällen können sich Aufnahmen aus der Höhe besser eignen.
An dieser Stelle fiel mir nichts mehr ein, was ich mit den Mohnblumen machen kann. Aber es gab noch eine andere Möglichkeit. Ich habe das Feld nur als Ergänzung genutzt und die Sonne hierfür mehr hervorgehoben.
Dieses Mal habe ich eine kurze Verschlusszeit verwendet, wobei dir Kirche und die Friedhofsmauer lediglich Silhouetten darstellten. Bei klarem Himmel ohne eine einzige Wolke, ist die Szene für den Betrachter stets absolut nachvollziehbar und die Kirche wirkt majestätisch.
Aber ich habe noch nach einer weiteren Alternative gesucht. In der Umgebung gab es nicht viel zu sehen, aber an der nicht weit entfernten Straße befanden sich Bäume.
Daher habe ich meinen Aufnahmeort nur um ein paar Meter weiter verlegt und schon konnte ich die Bäume als Umrahmung des Bildes nutzen. Hierbei handelt es sich um eine klassische Kompositionsregel. Die Szene hat sich hierdurch deutlich verändert.
Hier konnte ich noch eine weitere alternative Aufnahme machen. Dieses Mal kann man die Bäume komplett sehen und die Sonne strahlt dezent zwischen den Blättern hindurch.
Aber mit der Erfassung der Mohnblumen bin ich noch nicht fertig gewesen. Das Problem bei den vorherigen Bildern war, dass ich weit entfernt war. Daher musste ich eine relativ lange Brennweite (35 mm und mehr) verwenden und selbst bei einer Blende von f/22 konnte ich nicht auf nah sowie weiter entfernte Objekte gleichzeitig fokussieren.
Dieses Problem habe ich durch die Änderung der Entfernung zum Objekt behoben. Dieses Mal bin ich weit mehr an die Kirche herangetreten. Ich hatte nämlich auch noch ein Ultraweitwinkelobjektiv mit einer Brennweite von 19 mm für eine Vollformatkamera (entspricht in etwa einer Brennweite von 12 mm bei einer Fotokamera mit APS-C Chip) dabei.
Schon alleine wegen dieser Änderung hat sich die Schärfentiefe bei gleicher Blende deutlich erhöht. Die Kirche ist jetzt zudem nicht so weit entfernt, was das Problem mit der Unschärfe zusätzlich reduziert.
Und hier nochmals als vertikale Variante:
In diesem Moment wollte ich nichts mehr Weiteres fotografieren. Auf dem Weg zurück zum Auto ist mir jedoch noch die Möglichkeit einer Detailaufnahme eingefallen. Und wieder spielte die Sonne in zwei unterschiedlichen Positionen Ihre Rolle – direkt sichtbar und einmal teilweise verdeckt. Im letzteren Fall wird die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das Kreuz gelenkt.
Von der anderen Seite aus war die Kirche nicht fotogen. Die Handwerker haben die Kirche nämlich restauriert und daneben lag überall Baumaterial. Daher habe ich keine weiteren Aufnahmen mehr gemacht.
Mehr Auswahl
Insgesamt habe ich an diesem Ort fast eine halbe Stunde verbracht und viele Fotos gemacht. Die Komposition der restlichen Fotos ähnelt sehr stark den hier präsentierten Aufnahmen. Sie unterscheiden sich nur dadurch, dass ich an der richtigen Position der Fotokamera gearbeitet habe und meine Position jeweils um mehrere Meter bzw. Zentimeter verlegt habe.
Das Ergebnis waren einige tolle Aufnahmen, wobei ich nur die besten Fotos für die Veröffentlichung ausgesucht habe. Und vor allem kann ich die nicht veröffentlichten Bilder aufbewahren, weil sich die unterschiedlichen Aufnahmen für unterschiedliche Anlässe eignen.
Nicht nur draußen fotografieren
Für ähnliche Übungen müssen Sie nicht unbedingt alleine auf einem Feld, weit entfernt von der Zivilisation sein. Sie können auch gerne im Innenbereich trainieren. Zu Demonstrationszwecken zeige ich Ihnen eine Bildserie eines architektonisch ungewöhnlichen Einkaufszentrums.
Erfahrung sammeln
Ähnliche Übungen können primitiv wirken, aber während des Übens werden Sie sich über viele Dinge klar, die Ihnen in Zukunft helfen werden. Beispielsweise habe ich beim Fotografieren der Kirche nicht nur ausprobiert, welche Bildkompositionen funktionieren und wie tief ich in das Mohnfeld eintauchen muss, sondern auch wie viele Objekte ich mit der Schärfentiefe erfassen kann.
Bei der nachträglichen Bildbearbeitung am Rechner erfuhr ich wiederum, welche Lichtmenge meine Fotokamera verarbeiten kann und ob die Sonnenstrahlen nicht zu sehr störend wirken.
Vielleicht machen Sie solche Dinge bereits automatisch auf Ihren Reisen und kehren mit verschiedenen Aufnahmen von einer Stelle zurück nach Hause. Falls jedoch nicht, dann sollten Sie bereits nach dem ersten Foto darüber nachdenken, wie man noch alternative Bilder machen kann.
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