Was bedeutet die Lichtstärke eines Objektivs und wie beeinflusst sie Ihre Fotos?

„Lichtstärke“ ist ein Begriff, der Ihnen immer wieder begegnet, wenn Sie Objektivbeschreibungen lesen. Was bedeutet er aber überhaupt? Auf Wikipedia finden Sie Formeln und Bruchzahlen, wir hingegen erklären es Ihnen auf verständliche Weise. Sie erfahren, warum die Lichtstärke entscheidend für die Arbeit bei schlechten Lichtverhältnissen, für unscharfe Hintergründe und für den Preis eines Objektivs ist. Das Verständnis der Lichtstärke kann Ihnen nicht nur viel Geld sparen, sondern auch ein paar graue Haare beim Fotografieren.

Was erfahren Sie in diesem Artikel?

  • Was der Begriff Lichtstärke des Objektivs bedeutet und wie man ihn anhand der Zahlen auf dem Objektiv ablesen kann.
  • Warum eine kleine Blendenzahl nicht wenig Licht bedeutet, sondern mehr.
  • Wie die Lichtstärke die Schärfe, die Tiefenschärfe und den Preis beeinflusst.
  • Wann sich ein lichtstarkes Objektiv wirklich lohnt und wann es eher ein unnötiger Luxus ist.
  • Was der Unterschied zwischen konstanter und variabler Helligkeit ist.

Durch das Objektiv fällt Licht. Ein Teil davon geht unterwegs verloren und nur das, was übrig bleibt, gelangt zum Sensor. Dafür ist die Blende verantwortlich. Und genau die Lichtstärke gibt an, wie weit sich die Blende öffnen kann, um möglichst viel Licht durchzulassen.

Was ist Lichtstärke?

Auf jedem Objektiv ist die Lichtstärke angegeben, diese Zahl ist die maximal offene Blende. Ein Objektiv mit einem Wert von 1:1,4 hat eine höhere Lichtstärke als beispielsweise 1:5,6. Die Eins vor dem Doppelpunkt wird meist weggelassen, sodass es so aussieht, als wäre es umgekehrt – das ist jedoch nicht der Fall. Kleine Zahl = große Blende. Als lichtstarkes Objektiv gilt eines, bei dem die Blende auf f/2,8, f/1,8, f/1,4 oder f/1,2 geöffnet werden kann.

Lichtstarkes Objektiv.

Und warum sollte uns das eigentlich interessieren? Sobald Sie Ihrem Kit-Objektiv einen kleinen Bruder zulegen möchten, werden Sie schnell feststellen, dass je lichtstärker das Objektiv ist, desto teurer ist es in der Regel. Natürlich gibt es Ausnahmen, allerdings müssen Sie dann Abstriche bei der Qualität machen. Vergleichen Sie doch einmal drei lichtstarke RF-Objektive mit einer Brennweite von 50 mm von Canon. Das eine Objektiv kostet etwa 200 Euro, das zweite 1.600 Euro und das dritte etwa 2730 Euro. Der Unterschied? Die Lichtstärke: f/1,8, f/1,4 und f/1,2.

Lichtstarkes Objektiv in der Praxis

Ein lichtstarkes Objektiv ist ein großartiger Helfer in Situationen, in denen das Licht nicht ausreicht – beispielsweise bei Hochzeitsfotos in einer Kirche, wo der Blitz definitiv nicht angebracht ist, bei Konzerten, Festivals oder Partys. Einfach überall dort, wo nicht genug Licht vorhanden ist und Sie das Geschehen festhalten möchten, ohne dass die Fotos unscharf werden, kommen Sie ohne ein lichtstarkes Objektiv kaum aus.

Manche Konzerte sind gut beleuchtet. In diesem Fall konnte selbst eine Blende von f/2,8 den Lichtmangel nicht vollständig ausgleichen.
Manchmal muss man nachts fotografieren. Dank der großen Blende ist das Bild scharf. f/1,4, 35 mm.

Hier gilt die klassische Regel des Belichtungsdreiecks. Das bedeutet, dass wir bei dynamischen Szenen die Belichtungszeit nicht unter 1/250 s senken sollten. Um die kurze Zeit auszugleichen, bleiben uns nur ISO und Blende. Moderne Kameras können Wunder vollbringen, aber dennoch bedeutet ein hoher ISO-Wert auch hohes Rauschen. Die einzige Rettung ist daher eine große Blende. Selbst bei statischen Szenen im Dunkeln müssen Sie sich dann nicht so sehr vor Verwacklungen fürchten.

Blende f/1,8, 85 mm. Das Auge, das näher am Objektiv ist, ist scharf, das andere ist schon etwas unscharf. 

Außerdem: Eine große Blende zaubert ein wunderschönes Bokeh – einen cremig-unscharfen Hintergrund, der das Wesentliche hervorhebt und jedes Porträt veredelt.

Ein Katzennetz ist auf dem Balkon einfach unverzichtbar. Auf dem Foto wirkt es jedoch störend. Die breite Blende mildert den störenden Effekt, und nur die Schnauze des Kätzchens ist scharf abgebildet.

Konstante und variable Lichtstärke

Die Lichtstärke kann konstant oder variabel sein. Bei preisgünstigen Zoomobjektiven findet man häufig die Bezeichnung 1:3,5–5,6. Das bedeutet, dass das Objektiv bei einer kürzeren Brennweite (z. B. 18 mm) eine Blende von f/3,5 öffnen kann, beim Zoomen (z. B. bei 70 mm) jedoch nicht unter f/5,6 geht.

Wenn Sie im Blendenprioritätsmodus den niedrigsten Wert einstellen und zu zoomen beginnen, sehen Sie, wie sich die Blendenzahl von selbst erhöht – die Lichtstärke nimmt einfach ab.

Die Lichtstärke ändert sich proportional zur Brennweite.

Es gibt jedoch auch Zoomobjektive mit konstanter Lichtstärke. Dabei bleibt die Blende bei allen Brennweiten gleich. Diese Objektive sind komplexer konstruiert – und natürlich deutlich teurer.

Die Lichtstärke bleibt gleich.

Nachteile einer hohen Lichtstärke

Das klingt alles wunderbar – ein lichtstarkes Objektiv hat jedoch auch seine Tücken. Je weiter Sie die Blende öffnen, desto geringer wird die Schärfentiefe. Das bedeutet, dass es bei Aufnahmen mit großer Blende schwieriger ist, das richtige Objekt in der Schärfentiefe zu halten. Es reicht schon, wenn sich das Model nach dem Fokussieren um ein paar Zentimeter bewegt, und schon ist statt der Augen die Nase oder die Ohren scharf.

Wenn Sie sich also unsicher sind oder etwas fotografieren, bei dem kein Platz für Fehler ist, verwenden Sie lieber eine größere Blendenzahl und versuchen Sie nicht, alles aus dem Objektiv herauszuholen. Wenn Ihre Kamera dies kann, schalten Sie beim Fotografieren von Porträts die Fokussierung auf die Augen ein – das reduziert die Anzahl der misslungenen Fotos. Überprüfen Sie aber trotzdem regelmäßig die Schärfe.

Hier hat sich die Katze buchstäblich einen Bruchteil einer Sekunde vor dem Betätigen des Auslösers bewegt. Das Ergebnis sind scharfe Ohren, aber keine scharfen Augen. f/2, 50 mm.
Wenn Sie mehrere Personen mit einer sehr offenen Blende fotografieren, achten Sie darauf, dass alle Personen den gleichen Abstand zu Ihnen haben. Andernfalls besteht die Gefahr, dass einige von ihnen nicht in die flache Schärfentiefe passen.

Auch wenn Sie ein lichtstarkes Objektiv haben, müssen Sie nicht immer mit der größten Blendenöffnung fotografieren. Versuchen Sie, die Blende um ein bis zwei Stufen zu schließen – Sie erhalten eine etwas größere Schärfentiefe und können sicher sein, dass Sie die Aufnahme nicht ruinieren.

Bei günstigeren Objektiven nimmt die Schärfe bei vollständig geöffneter Blende insgesamt über den gesamten Bildbereich ab. Das Bild ist also auch in der Fokusebene nicht ganz scharf. Es reicht, die Blende etwas zu schließen, um die Schärfe zu verbessern. Oder man muss das Foto am Computer nachschärfen.

Hier wollen wir die Bildqualität von günstigeren, lichtstarken Objektiven verdeutlichen. Beide Bilder wurden mit einem 50-mm-Objektiv mit einer Lichtstärke von f/1,4 aufgenommen. Das erste Bild wurde mit voller Blendenöffnung aufgenommen, das zweite mit einer leicht geschlossenen Blende von f/1,8. Der Unterschied in der Zeichnung der Blütenblätter im fokussierten Bereich ist auf den ersten Blick erkennbar.

Ein teures, lichtstarkes Objektiv ist ein luxuriöses Werkzeug, das Ihnen bei fast unlösbaren Aufnahmesituationen aus der Patsche hilft. Doch obwohl es Ihnen das Fotografieren erleichtert, macht es Sie noch nicht zum Meister.

Bevor Sie also Ihr gesamtes Gehalt für dieses hübsche Teil ausgeben, stellen Sie sich folgende Frage: Lohnt es sich wirklich, oder gefällt mir nur die Eins vor dem Doppelpunkt?

Anmerkung der Redaktion: Kürzlich erschien ein Artikel, in dem Majo Eliáš in Bezug auf lichtstarke Objektive noch etwas radikaler war. Auch in der Diskussion unter dem Artikel wurden viele interessante Standpunkte zu diesem Thema geäußert. Lesen Sie den Artikel 6 Gründe, warum Sie kein lichtstarkes Objektiv brauchen und teilen Sie uns Ihre Meinung dazu mit!

FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Lichtstärke

Wie kann ich die Lichtstärke eines Objektivs ermitteln? Sie finden sie direkt auf dem Objektiv, normalerweise in der Form 1:1,8 oder f/1,8. Je kleiner die Zahl hinter dem „f“, desto lichtstärker ist das Objektiv.

Ist ein lichtstarkes Objektiv immer besser? Nicht unbedingt. Es bietet mehr Licht und ein schönes Bokeh, kann aber teurer, schwerer und schwieriger zu fokussieren sein.

Welche Lichtstärke benötige ich für Porträts? Für Porträtaufnahmen eignen sich Objektive mit einer Blende von etwa f/1,8–f/2,8 hervorragend, da sie eine sanfte Unschärfe des Hintergrunds ermöglichen.

Wann lohnt sich der Kauf eines lichtstarken Objektivs? Wenn Sie häufig bei schlechten Lichtverhältnissen fotografieren (Konzerte, Innenräume, Hochzeiten ohne Blitz) oder einen starken Unschärfeeffekt im Hintergrund erzielen möchten.

Hilft ein lichtstarkes Objektiv auch gegen Bildrauschen? Ja. Eine offenere Blende lässt mehr Licht durch, sodass Sie den ISO-Wert nicht so stark erhöhen müssen – und dadurch wird das Rauschen reduziert.