Tipps für Nachtfotografie

Obwohl Fotografen dazu neigen die schönsten Sonnenstrahlen zu suchen, kann man auch in der Nacht beeindruckende Aufnahmen zustande bringen. Schauen Sie sich doch gemeinsam mit uns einige Beispiele zusammen mit Tipps für bestmögliche Ergebnisse an.

Nachtfotografie kann große Freude bereiten, wenn man sich dafür mit ausreichend Geduld wappnet.

BRAUCHT MAN EIN STATIV?

Aufgrund des geringen Lichts ist es meist notwendig lange Belichtungszeiten zu verwenden, weshalb Immer ein Stativ empfohlen wird. Es ist auch sicherlich die beste Lösung, doch nicht immer hat mein ein Stativ dabei. Was gibt es also sonst noch für Möglichkeiten?

Nächtliches Budapest aufgenommen vom Stativ. Rechts unten ein Detail in der Ansicht 1:1, um die Schärfe vorzuführen. Das starke Rauschen ist auf die markante PC-Nachbearbeitung und Schattenaufhellung zurückzuführen. Canon 5D Mark III, Canon EF 70-200/2.8 IS II, 1,6 s, F5,6, ISO 200, Brennweite 90 mm
Nächtliches Budapest aufgenommen vom Stativ. Rechts unten ein Detail in der Ansicht 1:1, um die Schärfe vorzuführen. Das starke Rauschen ist auf die markante PC-Nachbearbeitung und Schattenaufhellung zurückzuführen.
Canon 5D Mark III, Canon EF 70-200/2.8 IS II, 1,6 s, F5,6, ISO 200, Brennweite 90 mm

Man muss erwähnen, dass es sehr stark daraus ankommt, für was man das Foto verwenden will. Will man es bloß mit kleiner Auflösung auf den sozialen Netzwerken teilen, muss man sich bei den meisten solideren Kameras nicht mit Rauschen oder kleineren Unschärfen herumplagen, da es sowieso niemand sieht. Man kann also „aus der Hand“ ohne jegliche Stützen fotografieren.

Die Ansprüche auf die Fotoqualität steigen jedoch, sobald man das Bild auf Papier drucken oder größer darstellen möchte. Lassen Sie uns also anspruchsvollere Ziele wählen und auch ohne Stativ eine bessere Qualität erzielen.

Die Faustregel besagt, dass man ohne Stützen und ohne Verwackeln eine Zeit von etwa 1/(Brennweite) Sekunden halten kann. Beispielsweise bei einem 100 mm Teleobjektiv ist man also bei Zeiten wie 1/100 s und kürzer relativ auf der sicheren Seite. Allerdings sind dies bloße Orientierungsangaben, da jeder Mensch andere Zeiten halten kann und auch mit wachsender Kameraauflösung das Verwackelungsrisiko sinkt, falls wir uns weiterhin auf einzelne Pixel konzentrieren.

Das beste – wenn verfügbare – Hilfsmittel ist die Bildstabilisator direkt im Objektiv oder im Kameragehäuse. Diese hilft um etwa 4 EV, wobei ein EV (exposure value) die doppelte Zeit bedeutet. Beim 100 mm Objektiv-Beispiel kommen wir also auf 1/100 s * 24 = 1/6 s.

Falls wir uns noch dazu dadurch behelfen, dass wir die ISO-Empfindlichkeit erhöhen, erreichen wir schon ziemlich interessante Werte.

Lampe, aufgenommen mit langer Brennweite und mithilfe eines Bildstabilisators im Objektiv. Canon 5D Mark III, Canon EF 70-200/2.8 IS II, 1,60 s, F2,8, ISO 800, Brennweite 200 mm
Lampe, aufgenommen mit langer Brennweite und mithilfe eines Bildstabilisators im Objektiv.
Canon 5D Mark III, Canon EF 70-200/2.8 IS II, 1,60 s, F2,8, ISO 800, Brennweite 200 mm

Falls noch längere Zeiten notwendig sind, behelfen wir uns, indem wir die Kamera an Säulen, Geländern oder anderen festen Objekten abstützen und mehrere Aufnahmen machen – so erhöhen wir die Chance auf zumindest ein richtig scharfes Bild. Das folgende Bild mit der Extremzeit von 3,2 Sekunden wurde nach etwa acht Versuchen, mit Abstützen an einem runden Geländer und mit viel Geduld aufgenommen:

Die Burg Kumamoto, aufgenommen mithilfe eines Geländers. Im Detailbild sieht man zwar gewisse Unschärfen im Vergleich zu Stativaufnahmen, aber es ist immer noch gut taugliches Foto. Canon 40D, Canon EF-S 55-250/4-5,6 IS, 3,2 s, F6,3, ISO 100, Brennweite 55 mm
Die Burg Kumamoto, aufgenommen mithilfe eines Geländers. Im Detailbild sieht man zwar gewisse Unschärfen im Vergleich zu Stativaufnahmen, aber es ist immer noch gut taugliches Foto. Canon 40D, Canon EF-S 55-250/4-5,6 IS, 3,2 s, F6,3, ISO 100, Brennweite 55 mm

WEISSABGLEICH

Nächtliche Städte strahlen in satten Gelbtönen. Es liegt an uns, ob wir diesen Ton beibehalten (ihn gegebenenfalls verdeutlichen) oder versuchen, ihn zu neutralisieren. Die Lampe oben ist zwar farblich ausgeglichen (am ehesten wie das echte Weiß), man könnte sie aber auch ruhig im Original belassen:

Die Lampe mit verschiedenen Weißabgleichen, keine der Varianten ist „falsch“. Canon 5D Mark III, Canon EF 70-200/2.8 IS II, 1,60 s, F2,8, ISO 800, Brennweite 200 mm
Die Lampe mit verschiedenen Weißabgleichen, keine der Varianten ist „falsch“.
Canon 5D Mark III, Canon EF 70-200/2.8 IS II, 1,60 s, F2,8, ISO 800, Brennweite 200 mm

Problematisch wird es dann, wenn verschiedene Lichtquellen mit unterschiedlichen Farbtemperaturen aufeinander stoßen. Auf dem Bild unten ist es das Sonnenlicht kurz vor Tagesanbruch und die Straßenbeleuchtung der Stadt, die im Vergleich mit dem Sonnenlicht schon extrem gelb wirkt. Möchte man diese Situation korrigieren, bleibt einem nichts anderes übrig, als einen Teil der Aufnahme händisch zu markieren und dort die gehörigen Bearbeitungen durchzuführen (hier wurde der Abgleich abgeändert und die Helligkeit und Sättigung verringert):

Straße und Umgebung in Santander. Rechts die Szene nach lokalen Bearbeitungen der stark erhellten Stellen. Canon 5D Mark II, Canon EF 16-35/2.8 II, 1/5 s, F4, ISO 800, Brennweite 29 mm.
Straße und Umgebung in Santander. Rechts die Szene nach lokalen Bearbeitungen der stark erhellten Stellen.
Canon 5D Mark II, Canon EF 16-35/2.8 II, 1/5 s, F4, ISO 800, Brennweite 29 mm.

UNTERSCHIEDLICHE NACHTPHASEN

Wie es Ihnen möglicherweise schon bei der vorherigen Aufnahme aufgefallen ist, gibt es während der Nacht nicht immer nur rein schwarzen Himmel. Das ist zwar am öftesten der Fall, aber wenn man etwa einen Moment kurz nach Sonnenuntergang erhascht, färbt sich der Himmel tief dunkelblau:

St. Petersdom im Vatikan kurz nach Sonnenuntergang. Canon 40D, Canon EF-S 10-22/3.5-4.5, 1/8 s, F4,4, ISO 800, Brennweite 13 mm
St. Petersdom im Vatikan kurz nach Sonnenuntergang.
Canon 40D, Canon EF-S 10-22/3.5-4.5, 1/8 s, F4,4, ISO 800, Brennweite 13 mm

Beachten Sie auch die in der Nacht geltenden Kompositionsregeln. Aufgrund der schwer ausnutzbaren mangelnden Lichtstellen sind der Kreativität zwar gewisse Grenzen gesetzt, sie ist aber nicht ganz ausgeschlossen. In der folgenden Aufnahme habe ich beispielsweise eine Lampe ausgenützt, dank welcher das Bild dynamischer ist, als bei einer einfachen Frontalansicht.

Frontalansicht des Doms. Canon 40D, Canon EF-S 10-22/3.5-4.5, 1,3 s, F4,5, ISO 200, Brennweite 22 mm
Frontalansicht des Doms. Canon 40D, Canon EF-S 10-22/3.5-4.5, 1,3 s, F4,5, ISO 200, Brennweite 22 mm

In der Zeit vor dem Sonnenaufgang kann man wiederum den entfernten Orangeschimmer erfassen:

Kurz vor Sonnenaufgang. Canon 40D, Canon EF-S 55-250/4-5,6, 1/50 s, F4,5, ISO 400, Brennweite 79 mm
Kurz vor Sonnenaufgang.
Canon 40D, Canon EF-S 55-250/4-5,6, 1/50 s, F4,5, ISO 400, Brennweite 79 mm

Aber auch mitten in der Nacht muss der obere Bildrand nicht nur finster sein.

Himmel während dunkler Nacht. Canon 40D, Canon EF-S 10-22/3.5-4.5, 56 s, F3,5, ISO 3200, Brennweite 10 mm
Himmel während dunkler Nacht.
Canon 40D, Canon EF-S 10-22/3.5-4.5, 56 s, F3,5, ISO 3200, Brennweite 10 mm

Das stellt aber bereits eine eigene Fotokategorie dar, bei der ein Stativ unumgänglich ist und die Belichtungszeit enorme Ausmaße erreicht (hier auch bei hoher Empfindlichkeit fast eine Minute).

STERNCHEN

Neben den Sternen am Himmel gibt es in der Nacht auch „Sterne“ ringsum die Lichtquellen. Dieser Effekt entsteht bei höheren Blendenwerten und er stellt die Auswirkung der Lichtbrechung an den Blendenlamellen dar. Folglich hängt es von der Anzahl und Form der Lamellen ab, ob ein besserer oder schlechterer Effekt entsteht. Jedes Objektiv ist diesbezüglich ein wenig anders.

Verschiedene Sternenformen an den Lichtquellen. Links das Objektiv Canon EF-S 10-22/3,5-4,5 (6 Lamellen), rechts Sigma 18-50/2.8 (7 Lamellen).
Verschiedene Sternenformen an den Lichtquellen. Links das Objektiv Canon EF-S 10-22/3,5-4,5 (6 Lamellen), rechts Sigma 18-50/2.8 (7 Lamellen).

Bei einer geraden Lamellenanzahl entstehen genauso vielen Sternenzacken, während eine ungerade Anzahl doppelt so viele Zacken hervorbringt. Aufgrund der winzigen Blende von Kompaktkameras sind die Sterne auch bei Aufnahmen mit diesen gut sichtbar.

Viele Lichtquellen aufgenommen mit einem kleinen Superzoom Canon S2. Canon S2 IS, 3,2 s, F6,3, ISO unbekannt, Brennweite 6 mm
Viele Lichtquellen aufgenommen mit einem kleinen Superzoom Canon S2.
Canon S2 IS, 3,2 s, F6,3, ISO unbekannt, Brennweite 6 mm

BEWEGUNGSEFFEKTE

In der nächtlichen Umgebung kann man auch sehr gut mit weiteren Effekten spielen. Ein Klassiker ist die Verwendung von langen Belichtungszeiten zum Verwischen des Verkehrs.

Schlusslichter der Autos in Bewegung. Canon 350D, Sigma 18-50/2.8 EX DC, 4,0 s, F16, ISO 100, Brennweite 18 mm
Schlusslichter der Autos in Bewegung.
Canon 350D, Sigma 18-50/2.8 EX DC, 4,0 s, F16, ISO 100, Brennweite 18 mm

Unterschiedlicher Ergebnisse erreichen wir hingegen durch die Bewegung auf Seiten des Fotografen. Hier beispielsweise durch das Zoomen während der Exposition (die Kamera an sich blieb unbewegt):

„Zoomen“ während der Exposition. Canon 5D Mark II, Canon EF 70-200/2.8 IS II, 0,3 s, F4, ISO 100, Brennweite 110 mm
„Zoomen“ während der Exposition.
Canon 5D Mark II, Canon EF 70-200/2.8 IS II, 0,3 s, F4, ISO 100, Brennweite 110 mm

Oder alternativ auch eine totale Abstraktion mithilfe beinahe zufälliger Kamerabewegungen.

Canon 40D, Sigma 18-50/2.8 EX DC, 30,0 s, F8, ISO 200, Brennweite 18 mm
Canon 40D, Sigma 18-50/2.8 EX DC, 30,0 s, F8, ISO 200, Brennweite 18 mm

ODER GANZ EINFACH

Obwohl wir uns verschiedene besondere Tricks angesehen haben, sollte erwähnt werden, dass man auch einfach ein lichtstarkes Objektiv nehmen und zu Orten aufbrechen kann, wo auch in der Nacht nicht viel Dunkelheit herrscht. Dann kann man ohne größere Einschränkungen fast wie bei Tag fotografieren.

Köche auf einem wankenden türkischen Boot. Canon 40D, Canon EF 85/1,8, 1/200 s, F1,8, ISO 400, Brennweite 85 mm
Köche auf einem wankenden türkischen Boot.
Canon 40D, Canon EF 85/1,8, 1/200 s, F1,8, ISO 400, Brennweite 85 mm

Damit wären wir am Ende unserer inspiratorischen Übersicht über die verschiedensten Möglichkeiten bezüglich Nachtfotografie. Ich werde mich aber jedenfalls darüber freuen, wenn Sie Ihre eigenen Ideen und nächtliche Fotoexperimente mit uns teilen werden.

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AutorVít Kovalčík

Ich bin seit 2012 freiberuflich tätig und verdiene meinen Lebensunterhalt als Fotograf in Brünn. In den vergangenen Jahren habe ich meine Erfahrungen mit Fotografie im Studio und anderswo gesammelt, als ich tagsüber arbeitete und abends und am Wochenende fotografierte. Ich habe kein bestimmtes Thema - ich fotografiere gerne Menschen, aber auch Landschaften und Städte.

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