Produktfotografie in einem improvisierten Tischfotostudio
Sie müssen kein Studio mieten, keine großen Räumlichkeiten suchen oder teure Technik besitzen. Um in die Produktfotografie einzusteigen können Sie auch einfach kleiner Dinge fotografieren und dabei einiges über die Arbeit mit Licht lernen. Dazu brauchen Sie nur ein paar wenige Requisiten, die Sie sicherlich bereits zuhause haben.
Es müssen nicht immer Menschen oder Landschaften sein. Viele Ideen kann man auch ganz leicht auf einer Tischoberfläche realisieren, wobei es sich nicht zwingend um Makro handeln muss. In einer ultra-minimalistischen Variante reicht Ihnen für ein improvisiertes Ministudio ein Blatt Papier, eine Lampe und eine Kamera mit Stativ. Und natürlich etwas, das Sie fotografieren werden. Auf diese Weise können Sie auch einige Grundprinzipien der Arbeit mit Licht in der Praxis ausprobieren.
PAPIER = HINTERGRUND
Beginnen wir mit dem Papier. Es wird uns als Unterlage dienen und als Faustregel gilt: Je größer, desto besser. Bei größeren Formaten kann man nicht nur mit größeren Szenen arbeiten, sondern auch kürzere Brennweiten und somit breitere Aufnahmen machen. Um Verschiebungen zu verhindern ist es hilfreich, das Papier entweder an den Tisch zu kleben oder etwas drauflegen.
Das ich ein weißes Papier verwendet habe, muss Sie noch lange nicht in Ihrer Wahl einschränken. Mit schwarzem Papier können Sie dramatische Szenen nachstellen, bunte Töne vermitteln wiederum fröhlichere Eindrücke.
LICHTQUELLEN
Diesbezüglich ist die Auswahl wirklich groß. Sie können alles, was Sie bei der Hand haben, verwenden: ferngesteuerte Blitze, Tischlampen, Fahrradlampen oder Schlüssellämpchen – mit alle kann gearbeitet werden.
Der einzige Nachteil von schwachen Lichtern ist, dass es rundherum dunkel sein muss, damit sie überhaupt Wirkung haben (das gilt auch für Tischlampen). Lange Winterabende sind für unser Fotografieren also optimal.
Neben der Leistung haben die Lichter auch noch andere Eigenschaften, wie man ausnutzen kann. Gegebenenfalls kann man diese sogar abändern, falls sie nicht Ihren Vorstellungen entsprechen. Während bei Tischlampen das Licht so entsteht, dass es von einer großen Fläche kommt und weiche Schatten erzeugt, produzieren Taschenlampen eher punktuelles Licht mit extrem harten Schatten.
Das eine kann man aber in das andere umwandeln. Während die Tischlampe durch bloßes Wegziehen vom fotografierten Objekt zu einer kleineren Lichtquelle wird, reicht bei Taschenlampen ein vorangestelltes Blatt Papier um das Licht zu zerstreuen. Zwar dunkelt das Papier die Szene auch ab, beim Verwenden von Stativen kann man das aber durch eine längere Belichtungszeit wieder korrigieren.
Im oberen rechten Bild sieht man außerdem, dass das Licht rasch weniger wird. Das könnte verhindert werden, wenn man die Lichtquelle und/oder das Papier weiter aus der Szene schieben würde – dadurch käme es zwar zu einer weiteren Abdunkelung, die Lichtabnahme würde mit der Entfernung aber viel langsamer verlaufen.
FOTOTECHNIK
Zur Ausstattung habe ich auch ein Stativ gezählt, die Gründe dafür sollten aus den vorherigen Absätzen zum einen klar sein – da schwache Lichtquellen verwendet werden, braucht man längere Belichtungszeiten, damit die Kamera alles hell genug aufnimmt.
Ein weiterer Grund ist die Wiederholbarkeit. Bei der Produktfotografie werden üblicherweise Position, Lichter und weitere Szeneneigenschaften so lange angepasst, bis nicht alles den eigentlichen Vorstellungen entspricht. Meistens werden ein zwei Aufnahmen gemacht, diese dann überprüft und nach kurzer Zeit werden weitere geknipst, die immer besser werden. Die Aufnahmen können bei einer aufrechten Verbindung (mit Kabel oder kabellos mittel Wi-Fi im Gerät, Eye-Fi SD Karte etc.) auch sofort am PC kontrolliert werden.
Es wird praktisch immer der manuelle Fotomodus verwendet, damit man alles 100%ig beeinflussen kann. Es lohnt sich auch einen konkreten Weißabgleich einzustellen, damit die Kamera nicht jedes Mal das Weiß neu abschätzen muss, was überdies zu Farbänderungen zwischen den einzelnen Fotos führen kann.
Wenn Sie nur einen kleineren Fotoraum zur Verfügung haben, brauchen Sie eher längere Brennweiten, damit in der Aufnahme nicht die Grenze zwischen Hintergrund und restlichem Raum sichtbar wird. Manchmal wird man aber durch die minimale Schärfungsentfernung des Objektivs eingeschränkt, weshalb man zunächst das Objektiv mit den besten Werten auswählen muss.
Da kleine Objekte fotografiert werden, müssen Sie mit einer kleinen Schärfentiefe rechnen. Das kann man zum Vorteil der Aufnahme nutzen, allerdings muss, wenn alles scharf werden soll, eine deutlich höhere Blende eingestellt werden. Mit einem guten Stativ sollte das aber kein Problem sein.
TIPPS UND TRICKS
Auch bei Produktfotografie gelten gewisse Bildkompositionsregeln. Beispielsweise im folgenden Foto finden Sie den Goldenen Schnitt, die Diagonalmethode, sich wiederholende Elemente, bzw. eine Unterbrechung des Bildrhythmus.
Das Licht kann man noch viel mehr, als bereits gezeigt, steuern. Sobald es an ungewollte Stellen scheint, lässt es sich auch teilweise mit Kartons, Bücherstapeln oder anderem abdecken.
Auch die Lichtfarbe kann beispielsweise mit einer Farbfolie abgeändert werden. Passen Sie jedoch auf, dass bei warmen Lichtern die Folie nicht schmilzt oder sich auf die Glühbirne klebt. Es ist besser, einen räumlichen Abstand einzuhalten.
Bei gewissen Szenen können Sie auch mehrere Lichtquellen verwenden. Vorsicht aber, dass Ihnen alle Lichter gleich weiß vorkommen können, obwohl dies nicht der Fall sein muss. Bei mehreren Lichtquellen kann außerdem der Weißabgleich nie richtig eingestellt werden. Sollte der Unterschied zu markant sein, bleibt als letzte Lösung eine Umwandlung der Aufnahme in Schwarz-Weiß.
Besitzen Sie nur eine Lichtquelle? Nicht verzweifeln! Eine zweite, schwächere und zerstreutere, können Sie sich kann leicht basteln, indem Sie auf die andere Seite der Szene ein weißes Papier positionieren. Das wird in weitere Folge das ursprüngliche Licht reflektieren und ansonsten dunkle Schatten werden auf diese Weise aufgehellt. Praktisch ein “kleiner Bruder“ eines üblichen Reflektors.
KEINE ANGST VOR EXPERIMENTEN
Wir haben hier nur grundlegende Möglichkeiten angedeutet. Es hindert Sie nichts daran noch viel mehr auszuprobieren und verschiedenste Experimente durchzuführen.
Im nächsten Artikel dieser Serie werden wir die Produktfotografie gründlicher beleuchten und wir werden uns ansehen, wie sie mit noch größerer Ausstattung abläuft und wie typische Probleme gelöst werden, die auf die Fotografen bei dieser Aufgabe zukommen.