Porträts richtig beleuchten IV: Probieren Sie es mit kombiniertem Licht aus
Auch beim Fotografieren im Freien können Sie das Licht unter Ihrer Kontrolle haben. Sie müssen hierfür nur eine Kombination aus natürlichem und künstlichem Licht nutzen. Es ist optimal, wenn es Ihnen gelingt, beide Lichtquellen im Gleichgewicht zu halten. Idealerweise sollte der Betrachter überhaupt nicht erkennen, dass Sie beide Lichttypen verwendet haben.
Künstliches Licht nutzen Sie bei Porträts am häufigsten zum Aufhellen der Schatten im Gesicht. Beim Fotografieren im Freien eignet es sich schon aufgrund der Tatsache, dass direktes Sonnenlicht für Porträts ungeeignet ist. Es handelt sich um eine harte Lichtquelle, die im Gesicht harte Schatten wirft und die porträtierte Person dazu veranlasst zu blinzeln.
Die Lösung in diesem Fall ist das Model mit dem Rücken zur Sonne zu positionieren. Die Sonne fungiert dadurch wie ein Effektlicht und trennt die porträtierte Person vom Hintergrund. Zur Beleuchtung des Porträts können Sie dann einen Faltreflektor verwenden, der das Sonnenlicht auf das Model wirft.
Bei der Arbeit mit kombiniertem Licht müssen Sie anstatt dem Faltreflektor bspw. nur ein Blitzgerät in der Softbox verwenden. So haben Sie viel mehr Kontrolle über das Hauptlicht.
- Sie können das Licht genau positionieren.
- Mithilfe der Softbox bestimmen Sie die Lichtqualität.
- Sie können selbst die Intensität des Blitzes einstellen.
- Mithilfe von Farbfiltern können Sie zudem die Farbtemperatur beeinflussen.
Auf diesen Fotografiestil, bei dem sich die Sonne hinter der porträtierten Person befindet, treffen Sie insbesondere früh am Morgen oder gegen Abend. Zu diesen Zeiten ist die Lichtqualität des natürlichen Lichts am besten.
Falls Sie die Person am Tag fotografieren, dann ist es wichtig, dass Sie sie in einen offenen Schatten positionieren oder bei Bewölkung fotografieren. Bei bewölktem Himmel, wo das Sonnenlicht aufgrund der Wolken zerstreut wird, ist die Situation am einfachsten.
Sie können die porträtierte Person in der Szene an einer beliebigen Stelle positionieren – Sie müssen dadurch die Komposition nicht an die Sonne anpassen. Das zerstreute Sonnenlicht beleuchtet ausreichend die Umgebung. Dank des Führungslichts (Hauptlichts) des Studioblitzes modellieren Sie die porträtierte Person.
Kombiniertes Licht im Innenbereich
Auf die Verwendung von kombinierten Licht treffen Sie bereits oftmals schon als Anfänger und dies insbesondere beim Fotografieren im Innenbereich. Bei unzureichend natürlichem Licht greift nämlich die Automatik der Fotokamera oftmals auf den Blitz zurück.
Die Automatik wählt jedoch in der Regel solche Belichtungseinstellungen, dass die Umgebung mit dem natürlichen Licht hinterher zu dunkel ist. Daher ist es besser, wenn Sie sich nicht auf die Automatik verlassen, sondern die Belichtungseinstellungen manuell vornehmen.
Sie können beispielsweise eine längere Verschlusszeit wählen. Die Lichtintensität wählen Sie dann nach Ihren eigenen künstlerischen Absichten. Der Hintergrund kann beim Foto etwas an der Bewegungsunschärfe leiden, was bei Porträts nicht so schlimm ist. Die porträtierte Person wird jedoch ideal vom Blitz beleuchtet und ferner scharf abgebildet, weil die Geschwindigkeit des Studioblitzes die Bewegungsunschärfe verhindert.
Die Fotografiertechnik beim Fotografieren mit kombiniertem Licht
Wie man die Belichtungseinstellungen für das Fotografieren bei natürlichem Licht einstellt, haben Sie im Artikel Porträts richtig beleuchten II: Porträtfotografie bei natürlichem Licht erfahren. Das natürliche Licht hat bestimmte Eigenschaften, an denen Sie Ihre Belichtungseinstellungen anpassen müssen.
Im Artikel Porträts richtig beleuchten III: Fotografieren mit künstlichem Licht haben Sie erfahren, dass das Fotografieren mit dem Blitz völlig anders ist im Vergleich mit dem Fotografieren bei natürlichem Licht. Sie bestimmen selbst die Belichtungseinstellungen, die Ihrer künstlerischen Absicht entsprechen und dementsprechend passen Sie das Licht an.
Bei der Kombination beider Lichtquellen ist es nötig, dass man beide Vorgehensweisen miteinander kombiniert. Das funktioniert relativ einfach. Sie müssen nur daran denken, dass jeder der drei Belichtungsparameter einen anderen Einfluss auf die Aufnahme hat.
- Verschlusszeit – sie beeinflusst die Stellen im Bild, die mit dem natürlichen Licht beleuchtet werden. Auf die vom Blitz beleuchteten Stellen hat die Verschlusszeit keinen Einfluss. Der Studioblitz ist sehr kurz (Tausendstel bis Zehntausendstelsekunde), daher ist es völlig egal, ob die Verschlusszeit 1/60 s oder 0,5 s beträgt. Das Porträt wird solange beleuchtet, wie der Studioblitz beleuchtet. Man muss nur darauf achten, damit die Verschlusszeit nicht kürzer ist als die Synchronzeit der Fotokamera.
- Blende – beeinflusst die Stellen, die sowohl vom Blitz als auch vom natürlichen Licht beleuchtet werden. Das Abblenden um eine Blendenzahl reduziert die einfallende Lichtmenge um die Hälfte. Es ist daher egal, wie lange die Beleuchtung andauert. Das Objektiv lässt nämlich nur die Hälfte des Lichtes vom Blitz sowie vom natürlichen Licht auf den Sensor fallen.
- Lichtempfindlichkeit ISO – beeinflusst ebenso wie die Blende die Beleuchtung der Aufnahme durch den Blitz sowie das natürliche Licht.
Vorgehensweise
Beim Fotografieren können Sie mehrere Vorgehensweisen zur Einstellung der Belichtungseinstellungen verwenden. Bewährt hat sich bei mir die folgende Vorgehensweise:
- Nehmen Sie die Bildkomposition der Szene vor.
- Stellen Sie den manuellen Modus ein.
- Stellen Sie die Lichtempfindlichkeit ISO ein (je niedriger die ISO ist, umso hochwertiger ist das Bild und desto weniger Bildrauschen tritt auf).
- Stellen Sie die Blende ein, die Ihrem kreativen Ziel am meisten entspricht. Bei Porträts werden Sie höchstwahrscheinlich mit einem abgeblendeten Objektiv arbeiten – die Blende wird daher so niedrig wie nur möglich sein (max. bis F5.6).
- Passen Sie die Blitzintensität entsprechend der gewählten Blende ein. Durch die Erhöhung der Leistung oder durch das Heranrücken an die porträtierte Person, erhalten Sie ein helleres Bild. Wenn Sie die Leistung hingegen reduzieren oder weiter vom Model entfernt sind, dann wird das Bild dunkler. Wenn Sie einen Blitzbelichtungsmesser (Flash Meter) haben, dann sollten Sie diesen nutzen. Falls nicht, dann müssen Sie ein paar Testaufnahmen machen und sich anhand der Vorschau am Display entscheiden. Idealerweise sollten Sie zur Beurteilung das Histogramm hinzuziehen anstatt nur das Bild.
- Machen Sie eine Testaufnahme mit dem Licht und kontrollieren Sie den Hintergrund. Falls er zu hell ist, dann sollten Sie die Verschlusszeit verkürzen. Im anderen Fall sollten Sie sie erhöhen.
- Machen Sie die finale Aufnahme.
Beim Fotografieren können Sie auf mehrere Begrenzungen stoßen:
- Es ist zu viel natürliches Licht vorhanden und daher können Sie keine niedrige Blende verwenden. Die Belichtungszeit ist nämlich kürzer als die Synchronzeit der Fotokamera. Versuchen Sie daher, die Lichtmenge mit einem ND- oder Polarisationsfilter zu reduzieren. Dies wird sich auch auf den Blitz auswirken. Daher sollten Sie die Blitzleistung erhöhen. Oder Sie können sich eine Fotokamera mit einem Zentralverschluss besorgen, deren Synchronzeit deutlich kürzer ist als bei gewöhnlichen Spiegelreflexkameras. Manche Blitze ermöglichen Ihnen auch die Nutzung der Hochgeschwindigkeits-Synchronisation.
- Es ist zu wenig natürliches Licht vorhanden. Die Belichtungszeit ist daher viel zu lang und der Hintergrund ist aufgrund der Bewegungsunschärfe stärker verschwommen, als Sie es sich wünschen. In solchen Fällen ist der Griff zum Stativ oder die Stabilisierung der Fotokamera auf eine andere Weise nötig. Falls Sie kein Stativ besitzen, dann müssen Sie die ISO erhöhen. Diese wird auch die Beleuchtung mit dem Blitz beeinflussen – daher müssen Sie die Blitzleistung reduzieren.
Das Fotografieren von Porträts in Kombination mit natürlichem und künstlichen Licht ist schon eine relativ fortgeschrittene sowie komplexe Sache. Die Mehrheit der Fotografen meidet daher lieber diese Vorgehensweise. Es gibt aber keinen Grund dafür, warum Sie diese Technik nicht zumindest ausprobieren. Sie erhalten hierdurch eine viel größere Kontrolle über Ihre Porträts.
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