Neutraldichtefilter (ND-Filter) mit Anwendungsbeispielen
Dieser Artikel ist älter als 5 Jahre. Die Informationen darin könnten veraltet sein.
Wir arbeiten an seiner Aktualisierung. In der Zwischenzeit können Sie neuere Artikel lesen.
Sie fragen sich vielleicht, ob man in der heutigen Zeit der Computertechnologie eigentlich noch Objektivfilter braucht. Ja, in gewissen Ausnahmefällen, wie etwa bezüglich ND-Filter, sind sie immer noch sehr nützlich.
Was ist ein ND-Filter
Die Abkürzung ND steht für Neutral Density, was ins Deutsch meist als Neutral(dichte)filter oder einfach Graufilter übersetzt wird. Es handelt sich dabei um eine dunkle Glasscheibe, die aber auf keine Weise die Farben oder Bildaspekte beeinflusst.
ND-Filter gibt es in verschiedenen Intensitätsabstufungen, von schwächeren, die die Hälfte der Sonnenstrahlen (ND2) durchlassen, bis zu ganz starken, bei denen die Lichtdurchlässigkeit nur ein Tausendstel oder weniger beträgt (ND1000). Die hier von mir angeführte Filterbezeichnung ist leider nur eine von mindestens drei verschiedenen Bezeichnungssystemen, die in der Praxis verwendet werden. Diese lassen sich aber von einander ableiten.
Bilder abdunkeln – wozu?
Was auf den ersten Blick sinnlos erscheint und was man bei „Standardfotografie“ auch nicht erzielen will, ist jedoch bei gewissen Spezialfällen äußerst hilfreich.
Üblicherweise handelt es sich dabei um Situationen, in denen Sie mittels besonders langer Exposition eine bestimmte Bewegung in Unschärfe ziehen wollen. Dies erreicht man teilweise zwar auch durch eine größere Blendeneinstellung. Nicht immer reicht diese Option jedoch aus und manchmal kann oder will man sie auch einfach nicht verwenden.
Hauptgrund Wasser
Am häufigsten kommen ND-Filter im Zusammenhang mit Wasser zur Anwendung. Durch das Verwischen der Wasserbewegung wirken die Fotos viel ruhiger und bekommen eine ätherische Stimmung.
Auf der ersten Aufnahme sieht man, was man (manchmal) nur mit einem hohen Blendenwert erreichen kann. Da die ganze Szene im Wald situiert war und es so schon wenig Licht gab, konnte die Belichtung bis auf 15 Sekunden verlängert werden.
Nur ein ND-Filter ermöglicht aber, die Blende von F22 auf F2,8 zu verringern (64x größere Öffnung) und gleichzeitig die Belichtung gleich lang zu belassen.
Wären die Wasserfälle nicht an einer so dunklen Stelle, bräuchte man den ND-Filter allein schon um das Wasser verwischen zu lassen (auch mit hoher Blendeneinstellung).
Ein ganz klassischer Anwendungsfall der ND-Filter ist überdies beim Fotografieren am Strand. Hier ein Beispiel, bei dem dank des ND1000 Filters auch untertags eine Belichtungszeit von 3 Minuten erreicht werden konnte. Dadurch wurde zum einen die Brandung in einen leichten Dunst verwandelt und der Himmel wirkungsvoll verwischt.
Stativ und andere Tricks
Aufgrund der bereits erwähnten Belichtungsdauer ist klar, dass man bei diesen Aufnahmen die Kamera nicht frei in der Hand halten kann, sondern eine ordentliche Stütze braucht. Da man außerdem meist in der freien Natur fotografieren wird, kann man sich auch nicht darauf verlassen, stets eine geeignete Mauer oder Ähnliches anzutreffen, weshalb ein Stativ in diesen Fällen unumgänglich ist.
Man sollte außerdem den Bildstabilisator ausschalten, da dieser in Verbindung mit dem Stativ die Aufnahme eher verwackeln könnte. Hilfreich ist es auch, die Auslösung zeitverzögert einzustellen, um ein Zittern beim Abdrücken zu vermeiden.
Filterintensität
Wie bereits oben ausgeführt gibt es eine ganze Reihe von verschieden starken Filtern. In der Praxis sind vor allem die Varianten ND8 bis ND1000 gebräuchlich. Wie aber wählt man die passende Filterintensität aus?
Diese Frage ist leider gar nicht so einfach zu beantworten, da sich für verschiedene Anlässe unterschiedliche Filterstärken eignen. Beabsichtigen Sie etwa, Wasser- oder Himmelflächen bei Tageslicht durch minutenlange Belichtungen in Unschärfe zu ziehen, könnten Sie eine der sehr dunklen Filtervarianten gebrauchen. Andererseits etwa beim Fotografieren mit Blitz im Außenbereich braucht man aufgrund von technischen Beschränkungen die Belichtungsdauer nur auf etwa 1/200 s (von z.B. 1/1000 s) zu verlängern. Dazu ist ungefähr ein ND8 Filter ausreichend.
Sie können sich einen oder auch zwei konkrete Filter anschaffen, ich persönlich bevorzuge jedoch zwei hintereinander aufgesetzte Polarisationsfilter (der von der Kamera entferntere muss linear sein). Diese Kombination bildet einen ND-Filter mit variabler Intensität, die sich durch die Drehstellung zueinander verändert.
Variable ND-Filter
Mittlerweile gibt es auf dem Markt auch schon fertige Filter, die beide Polarisationsgläser enthalten, wodurch Sie einen kompakteren variablen ND-Filter erhalten, der sogar meist hochwertigere Ergebnisse liefert, als die Kombination zweier Filter (manche Arten reduzieren auch den Polarisationsfilter).
Redet man von Polarisationsfiltern, dann ist die Bezeichnung „ND“ eigentlich nicht ganz korrekt. Es kommt bei dieser Lösungsvariante nämlich nicht nur zur bloßen Abdunkelung des Bildes, aber auch zur Reduktion diverser Reflexionen und damit doch gewissermaßen zur Veränderung der Szene. Da aber dieser Effekt auch sehr begehrenswert sein kann, ist ein variabler ND-Filter grundsätzlich ein sehr guter Ersatz für einen echten ND-Filter.
Passen Sie aber auf, dass keine zu extremen Drehwinkel entstehen. Befinden sich die Polarisationsfilter praktisch senkrecht zueinander, kommt fast kein Licht durch. Das bisschen, das trotzdem durchdringt, zeichnet so stark veränderte Farbtöne ab, dass die Aufnahmen meist zu nichts zu gebrauchen sind. Diese Extremeinstellungen sollten deshalb vermieden werden (auch wenn sie aufgrund der ermöglichten, ultra langen Belichtungszeiten sehr verlockend sind).
Variable ND-Filter stellen meiner Ansicht nach eine Universaloption für die meisten Situationen dar. Einen echten ND-Filter brauchen Sie erst, wenn Sie sich auf bestimmte Szenenmotive spezialisieren (z.B. Strand o.Ä.) und eine maximale Bildqualität erreichen wollen.
Menschen
Wie man auf den vorigen Aufnahmen sehen kann, eignen sich Neutralfilter auch zum Verwischen von sich bewegenden Personen. Eine unscharfe Markaufnahme macht zwar wahrscheinlich nicht viel Sinn, äußerst praktisch kann dieses Hilfsmittel aber etwa beim Fotografieren von städtischen Sehenswürdigkeiten sein, an denen laufend Touristen vorbeischlendern. Dank der langen Belichtungszeiten verwischt ihre Bewegung so stark, dass Sie praktisch unsichtbar werden. Ein Problem können lediglich andere Fotografen darstellen, die auf einer Stelle verweilen und auch mit langen Expositionen nicht wegzubekommen sind.
Weitere Optionen
Neben den einfachen Neutralfiltern bzw. seinen variablen Varianten, gibt es auch sog. Übergangs-ND-Filter (graduated neutral density filter), welche auf einer Seite klar sind und in der Mitte in eine dunkle Tönung übergehen. Diese Filter sind sowohl in der gängigen Kreisform, als auch als rechteckige Glas- oder Plastikscheiben verfügbar. Sie fragen sich, was es mit diesen Filtern auf sich hat? Das ist Thema unseres nächsten Artikels, den wir für Sie vorbereiten. Lassen Sie sich ihn auf keinen Fall entgehen!
Hans Mops
Ein sehr Interessanter Artikel und vor allem in klarer Sprache. Danke. Mir fällt es im Sonnenlicht immer wieder schwer, die richtige Position des ND Filters zu finden, da sich die Optik beim fokussieren dreht. Frage sollte ich daher nur manuell fokussieren?
Gruß aus Teltow
Hans Mops
Zoner Redaktion
Hallo Herr Mops,
danke für Ihren netten Kommentar. Das Fokussieren mit ND Filter ist manchmal wirklich schwer. Aber es hängt immer von den eigenen Präferenzen ab. Bei uns, in Zoner Team, haben wir uns geeinigt, dass das manuelle Fokussieren in diesem Fall besser ist.
Beste Grüße aus Brno.
Irena Steinerova