Könntest du mir, bitte, alle Fotos schicken?
Als Fotograf, ob Profi oder Amateur, werden Sie immer die Zielscheibe von Anfragen und Bitten um „noch dieses“ und „jenes“ oder gleich alle Fotos von einem bestimmten Ereignis sein. Aber denken Sie daran, dass weniger manchmal mehr ist. Auf den ersten Blick ist es eine einfache und unschuldige Frage mit der offensichtlichen Antwort: „Ja, klar!“. Aber aus meiner Erfahrung ist dies das Schlimmste, was Sie sich als Fotograf antun können.
Dieser Artikel könnte auch: „In keinem, aber wirklich gar keinem Fall die Rohdaten weitergeben“ heißen. Am Ende eines fotoreichen Tages kann nämlich die möglicherweise heimtückischste Frage eines Freundes, der Sie darum bittet, ob er sich nicht gleich alle Ihre Bilder von Ihrem Fotoapparat auf seinen Computer herunterladen könnte, warten. So sehr dies dumm und unangenehm sein mag, sollten Sie fähig sein dies höflich abzulehnen und mit ihm eine Bilderübergabe erst nach deren Überarbeitung ausmachen. Warum?
Schädigen Sie Ihren Ruf nicht
Jedes Foto, das Sie veröffentlichen beziehungsweise welches Sie signieren, dient zum Aufbau Ihres eigenen guten Rufes, Ihrer Image, Marke oder wie auch immer Sie es nennen wollen. Wenn Sie Ihrem Freund alle Fotos übergeben, geben Sie Ihm somit auch schlechte, unscharfe oder nicht geglückte Bilder. Im Gesamteindruck wird dann auch Ihre gute Arbeit auf das Niveau gerade dieser missglückten Stücke heruntergezogen.
Was das Internet einmal erfasst, kehrt nicht mehr zurück
Es spielt gar keine Rolle, ob Sie die Rohbilder Ihrem besten Freund weitergeben. Es spielt auch keine Rolle, ob er auf alle Ihre Bedingungen eingeht oder wie schnell Sie die finale Auswahl der überarbeiteten Bilder liefern können. Onkel Murphy schläft nie und Sie können sich darauf verlassen, dass Ihr egal wie guter Freund versehentlich gerade die unverarbeiteten Bilder veröffentlichen wird, für die Sie sich am liebsten zu Tode schämen würden. Natürlich noch ordnungsgemäß mit Ihrem Namen und dem Link zu Ihrer Website versehen. Deshalb ist es besser, ein paar unangenehmen Blicken und Ausreden standzuhalten und wirklich nur solche bearbeitete Bilder Ihren Freunden zu geben, unter die Sie sich auch wirklich gerne unterschreiben.
Dieses Foto gefällt mir auch
Das Schlimmste ist, wenn Ihren Freunden ein Bild gefällt, das Sie selbst verworfen hätten. Die meisten Menschen werden nicht verstehen, warum es ein schlechtes Bild ist. Aber vor allem werden Sie keinen Weg finden ihnen zu erklären, warum sie es nicht benützen dürften, wenn Sie es ihnen schon so unvorsichtig gegeben haben. Und sollten Sie das dennoch versuchen, wird man Sie nur für einen Vollidioten halten und das Bild wird schlussendlich wahrscheinlich sowieso verwendet.
Präsentieren Sie nur das Beste
Nun werden Sie sich denken, dass solche Sorgen Sie selbst gar nicht betreffen, sondern nur die Profifotografen, aber Vorsicht! Anfangs mag Ihnen vielleicht eine Vielzahl von Bildern von verschiedenen Veranstaltungen schnell zu Anerkennung verhelfen. Aber lassen Sie sich nicht täuschen. Auf diese Art und Weise bekommen Sie den Ruf eines „Bildausteilers“ und die anderen werden sich daran gewöhnen, dass sie sich die Bilder einfach von Ihnen holen können und nicht die eigene Kamera mitschleppen müssen. Dies führt aber schleichend zu einer Verpflichtung und somit auch zu Arbeit.
Denn der Vorteil von uns, Amateuren, liegt doch darin, dass wir selbst wählen können, was wir fotografieren wollen. Und zu neuen und interessanten Gelegenheiten werden Ihnen ausschließlich gute Fotos verhelfen.
Spector
Interessanter Artikel – weil er sich an die Beschäftigung mit der Rolle des „Psychologischen“ bei der Bildveröffentlichung herantraut – und das „Gutfinden“ der „meisten Menschen“ distanziert betrachtet…
Gruß
Spector