Kann man sich als Mensch selbst fotografieren? Und als Superheld?
Heute gehen wir mal den physikalischen Prinzipien in der amerikanischen Serie Flash auf den Grund. Haben die Gestalter der Serie nicht ein wenig übertrieben, als sich der superschnelle Held selbst fotografiert hat? Und konnte er sich eigentlich auch mit Blitz fotografieren? Fragen über Fragen. Lassen Sie uns darauf Antworten finden. Wir brauchen dafür lediglich ein paar Physikkenntnisse der Mittelschule.
Zunächst eine kurze Beschreibung der Situation: die Haupthelden der Serie möchten ein gemeinsames Bild aufnehmen, haben allerdings kein Stativ. Deshalb schlägt Flash (deutsch Blitz) vor, dass er die 2-Sekunden-Selbstauslösung drückt, kurz vor der Exposition zu seinen Kollegen flitzt und posiert, um danach „blitzschnell“ zurückzukehren, um das Handy aufzufangen, bevor dieses aufgrund der Schwerkraft auf den Boden fällt. Die ganze Szene wird in folgender Animation dargestellt:
Für den Anfang eine kleine Vereinfachung: Handys verwenden als Beleuchtung LED-Dioden. Betrachten wir diese mal als Dauerbeleuchtung. Die Kameraeinstellungen kennen wir nicht, stellen aber mal die Belichtungszeit auf 1/100 s. Die Entfernung, die während der Exposition zurückzulegen ist, bestimmen wir mit 5 Metern.
Was ist eigentlich passiert? Und konnte es überhaupt passieren?
Wie kann eine Kamera etwas aufnehmen, das nicht im Sucher ist? Vergessen Sie nämlich nicht, dass das Licht während des gesamten Belichtungsverlaufs auf den Chip einfällt. Das Verhältnis, wie lange das Objekt auf seinem Platz war und nicht war, bestimmt, inwieweit das Objekt schließlich auf dem fertigen Bild mit dem Hintergrund vermengt wird, welcher während seiner gesamten Abwesenheit „eingelesen“ wurde. Bei einer Belichtungszeit von 1/100 konnte aber immer noch z.B. zu 2 Tausendsteln der Hintergrund belichtet werden und zu 8 Tausendsteln der Superheld (insgesamt zehn Tausendstel somit ein Hundertstel Sekunde).
Warum keine Selfie-Stange?
Es stellt sich die Frage, warum die Helden nicht eine – heut so beliebte – Selfie-Stange verwendet haben? Die Serie wurde erstmals 2014 ausgestrahlt und die Selfie-Stangen erlebten damals noch keinen so großen Boom wie heute. Die Sefie-Mania war damals aber in vollem Gange. Aus diesem Grund wurde wahrscheinlich die Szene in die Serie aufgenommen.
Sie denken vielleicht, dass das beschrieben Problem durch einen Autoauslöser gelöst werden konnte. Wir die Kamera (das Handy) allerdings von niemandem gehalten, fällt sie zu Boden. Und aus dem Physikunterricht wissen wir, dass je länger das Objekt fällt, desto schneller wird es (ignoriert man den Luftwiderstand, gibt es dafür eine recht einfache Formel).
Wird durch die fallende Kamera nicht das ganze Foto verwischt? Dabei kommt es auf die Dauer der Belichtung (und somit des freien Falls der Kamera) an. Bei einer Verschlusszeit von 1/100 s fällt die Kamera um eine gewisse Entfernung, die durch die Formel Bahn=(Gravitationsbeschleunigung×Zeit2 )/2 bestimmt wird. In unserem Fall also um 0,495 mm. Je nach Schwerpunkt der Kamera kann sich diese auch verdrehen. Der Fall kann also die Bildschärfe beeinflussen. Aufgrund der Kameraqualität in Smartphones würde ich ihm persönlich aber keinen großen Einfluss beimessen.
„Kleine“ Außerachtlassung der Schallgeschwindigkeit
Nur zur Info: In unserem Fall müsste sich Flash mit einer Geschwindigkeit von mehr als 1000 Meter pro Sekunde bewegen. Das entspricht in etwa eine Geschwindigkeit von Mach 3 – als dreimal schneller als die Schallgeschwindigkeit (in der normalen Atmosphäre und bei der Erde).
Bewegungen mit Überschallgeschwindigkeit werden mit einem Geräuscheffekt namens sonic boom (Überschallknall) begleitet. Dieses laute Geräusch können Sie bei Gewittern oder beim Durchflug eines Überschallflugzeuges wahrnehmen. Die Lautstärke hängt auch von der Masse des sich bewegenden Objektes ab.
Ergebnis mit Blitz?
Stellen Sie sich kurz vor, dass Flash eine professionelle Spiegelreflexkamera in den Händen hält und mit Blitz fotografiert. Kann man sich selbst mit Blitz fotografieren? Antwort: Ja, aber nur manchmal.
Üblicherweise wird der Blitz „mit der ersten Lamelle“ synchronisiert, d.h. gleich am Beginn der Belichtung. Es bleibt also zwischen Auslösen und Belichtungsanfang nur sehr wenig Zeit übrig. Diese Zeit nennt man shutter lag (Auslöseverzögerung). Der Wert bewegt sich im Bereich von Zehn bzw. Hundert Millisekunden. Beispielsweise bei der professionellen Spiegelreflexkamera Canon 1 D X beträgt diese Verzögerung nur 36 Tausendstel Sekunden. Um auf dem Foto aufgefangen zu werden, müsste Flash also die Entfernung von 5 Metern in 0,036 Sekunden (Geschwindigkeit cca. 139 m/s) zurücklegen – nach der oben angeführten Rechnung ist das aber kein Problem.
Würde es keinen shutter lag geben oder wäre er extrem kurz, könnte unser Held möglicherweise nur bei einer Synchronisierung „auf zweite Lamelle“ (schließende), bei welcher der Blitz erst am Ende der Belichtung ausgelöst wird, noch erhascht werden.
In echt
Leider befinden sich unter uns keine Superhelden (oder sie bewegen sich so schnell, dass wir sie nicht sehen), deshalb können uns solche Probleme nur rein theoretisch beschäftigen. Es schadet aber nicht, sich gewisse physikalische Prinzipien in Erinnerung zu rufen und dabei vielleicht auch etwas Neues über Kamerafunktionen zu erfahren. Falls Sie an solchen Themen interessiert sind, gibt es von Vít Kovalčík bereits von früher einen übersichtlichen Artikel über die Verwendung von Blitzlichtern.
Und Sie? Haben Sie schon eine Selfie-Stange? Oder wären Sie lieber so schnell wie unser Superheld?
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