Jagdfotograf Adam Simandel: Wenn ich überlebe, werde ich etwas zu erzählen haben

Wenn er nicht gerade auf einer Bergexpeditionen oder Pirsch in der Wildnis ist, kann man ihn im Wald auf der Jagd nach guten Aufnahmen treffen. Adam Simandel befasst sich mit einem relativ unkonventionellen Genre – der Jagdfotografie, und wie er selbst zugibt, befindet er sich fast immer in Gefahr. Trotzdem vergleicht er – vielleicht etwas überraschend – ein Jagdfoto mit einem Hochzeitsfoto. Sehen Sie sich seine fesselnden Bilder an und lassen Sie sich von seiner Geschichte in den Bann ziehen. Ob wir Adam nun als Abenteurer oder Verrückten bezeichnen, eines ist sicher – Langeweile hat keinen Platz in seinem Leben.

Adam, in deinem Blog und auf Instagram profilierst du dich als Jagdfotograf. Was beinhaltet das alles eigentlich?

Die Jagdfotografie besteht meines Erachtens aus der Jagdkynologie – d. h, Ausbildung, Prüfungen und Wettbewerben – und umfasst auch die Einzel- oder Gruppenjagd und nicht zuletzt das Jagdwesen. Darüber wird in letzter Zeit nur wenig gesprochen, dabei geht es auch darum, sich um Natur, Wildtiere zu kümmern und um Pädagogik. Jeder dieser Bereiche wird einzeln behandelt, jedoch mit einem gemeinsamen Nenner – der Betonung auf Sicherheit.

Wie bist du zu einem so ungewöhnlichen Genre der Fotografie gekommen?

Ich stamme aus einer Jägerfamilie und weiß eigentlich nicht, wo und wann der Wendepunkt eingetreten ist. Nur, dass irgendwann der Moment kam, als mir bei einer Jagd auffiel, dass es keiner fotografiert. Zu dieser Zeit hatte ich aber noch keine Kamera und die Idee verflog. Nachdem ich einen neuen Job in Brünn angenommen habe, kaufte ich mir eine kleine Olympus Kompaktkamera. Und ab und zu, wenn ich bei einer Vermessung im Gelände war, knipste ich etwas. Dann kam die erste Veröffentlichung in einem Fachmagazin, was mir den Anstoß gab. Über Ultrazoom und die ersten Kritiken und regionalen Erfolge stieg ich auf eine Spiegelreflexkamera um und eine neue Lernphase begann. Zu diesem Zeitpunkt kam ich das erste Mal mit Zoner Photo Studio in Kontakt. Es folgten auch Erfolge in Übersee – bis zu der Zeit habe ich noch keine Jagd fotografiert.

Jagdfotograf Adam Simandel: Wenn ich überlebe, werde ich etwas zu erzählen haben

Es stellt sich die Frage, wann der Umbruch kam?

Vor ungefähr 5 Jahren mit einem neuen Gerät. Da kamen die ersten Kooperationen, die ersten „Jagderfolge“ und -kontakte sowie die Entwicklung der Jagdfotografie im Allgemeinen. Die tschechisch-slowakische Jagd präsentiere ich der Öffentlichkeit mehr oder weniger auf der ganzen Welt und versuche, Menschen, die wenig darüber wissen, aber offen für Informationen sind, eine positive Botschaft zu vermitteln – obwohl dies nicht immer erfolgreich ist.

Du hast deine Bekanntmachung mit Zoner Photo Studio erwähnt. Welche Funktionen sind für dich bei der Bildbearbeitung essenziell? Gibt es etwas Spezielles an der Postproduktion eines Jagdfotos?

Da die Jagdsaison von September bis Januar, Februar geht, kann der Mangel an Licht zu einem Problem werden. Besonders, wenn nasskaltes Wetter ist oder im Wald gejagt wird. Deshalb ist für mich die Bearbeitung der Belichtung, Helligkeit und Schatten grundlegend. Es ist für mich, als würde ich einen Türgriff greifen und die Tür öffnen. Dann sehe ich mich um, wie es weitergeht. Jeder Fotograf hat eine andere Vision, ein anderes Auge. Es gibt wahrscheinlich kein spezifisches Verfahren für die Nachbearbeitung.

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Jagdfotografie ist ein sehr actionreiches Genre. Was ist bei solchen Bildern der Schlüssel zum Erfolg?

Vor allem Ausdauer, viel Aufopferung, eine Riesenportion Glück und Zufall. Natürlich genug Informationen und Mut, um die Komfortzone zu verlassen. Wenn man darüber nachdenkt, was die Jagdfotografie im Grunde ist, wird mir paradoxerweise ein Hochzeitsfotograf zustimmen, da es Momente gibt, die sich nicht wiederholen und man es nie wieder schafft, sie festzuhalten. Für ein Jagdfoto muss man sich ständig umsehen, wachsam sein. Und das nicht nur wegen der Aufnahme, sondern auch wegen der eigenen Sicherheit.

Jagdfotograf Adam Simandel: Wenn ich überlebe, werde ich etwas zu erzählen haben

Dank der Fotografie nimmst du an verschiedenen Expeditionen teil, du warst zum Beispiel in Kirgistan. Wie sieht es auf einer solchen Expedition aus?

Mehr oder weniger als wäre ich ein Jäger. Speziell in Kirgisistan hatte ich nur keine Waffe. Ich habe alles mit den Jägern absolviert und im Grunde die gesamte Expedition vom Campen bis zum Aufspüren und die Jagd dokumentiert. Kirgistan war insofern anspruchsvoller, als wir uns auf Pferden entlang von felsigen Bergkämmen in einer Höhe von 3500 m über dem Meeresspiegel bewegten. Daher war das Absteigen und schnelleres Gehen sehr schwierig. Auf einer anderen Expedition in Amerika hatten wir während der Pirsch vor allem mit schwierigem Gelände zu kämpfen. Im Grunde trage ich anstelle von Waffen einen Fotorucksack, anstelle eines Fernglases eine Kamera, ansonsten ist meine Ausrüstung mehr oder weniger dieselbe: Messer, Stirnlampe, Handschuhe… Persönlich benutze ich auf Expeditionen auch ein Handy und GPS, was sich als nützlich erwies, als wir uns in den Schweizer Alpen verlaufen haben.

Das Wort Sicherheit wurde mehrmals erwähnt. Bist du im Gelände jemals in eine sehr gefährliche Situation geraten?

Das hängt vom Blickwinkel ab. Gelände, Kollision mit Wild, Angriff oder eine verirrte oder abgeprallte Kugel können allesamt gefährlich sein. Ein Jagdfotograf befindet sich immer mit einem Fuß in Gefahr. Was ich persönlich als Gefahr betrachten würde, als ich ein paar Sekunden vor dem Ende stand, ist die Begegnung mit einem Baribal im Zelt in der amerikanischen Wildnis. 

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Wie ist das passiert?

Gegen Mitternacht hörte ich ein Geräusch. Bis dahin hatte ich noch nie einen Bären gesehen oder gehört, aber irgendwie war mir klar, was da im Anmarsch ist. Das Gewehr lehnte an einen Baum und ich würde es wahrscheinlich nicht schaffen, dorthin zu rennen. Im Zelt bewegte ich mich während seiner Schritte immer mehr in die Mitte, sodass ich nicht die volle Ladung abbekam, falls er mit seiner Pfote ausholen sollte. Ich zog ein Messer aus meiner Hose und wartete darauf, was passieren würde.

Der Baribal ist dafür bekannt, dass im Gegensatz zu anderen Bärenarten Tricks, wie sich tot stellen, bei ihm nicht funktionieren. Er fängt einfach damit an, dich zu fressen. Zum Glück war dieser nur neugierig, was mich wahrscheinlich gerettet hat. Ich kam morgens aus dem Zelt und war mir wirklich nicht sicher, ob ich nur vor Müdigkeit geträumt habe. Leider nicht – Spuren im Schnee bestätigten es. Also lag ich die nächsten Tage wach. Und nach der dritten durchwachten Nacht schlief ich ein, und selbst wenn er mich fressen würde, würde ich weiterschlafen.

Aber man sagt ja: „Wer Angst hat, darf nicht der Wald.“ In solchen Situationen kommt mir der Gedanke: „Wenn ich überlebe, werde ich etwas zu erzählen haben!“

In deinem Blog schreibst du, dass das Fotografieren nicht nur Arbeit für dich ist, sondern ein Lebensstil. Musstest du für die Karriere eines Jagdfotografen etwas opfern?

Ich würde es wahrscheinlich nicht als Opfer bezeichnen, wenn man das tut, was einem Spaß macht und man den Sinn darin sieht. Direkt während des Fotografierens und insbesondere bei Expeditionen kann ich ein wenig Komfort opfern, aber ich sehe es nicht unbedingt als Opfer. Letztendlich mache ich alles freiwillig und kann immer nein sagen.

Jagdfotograf Adam Simandel: Wenn ich überlebe, werde ich etwas zu erzählen haben

Was gehört zu deiner Grundausstattung, wenn du ins Gelände gehst?

Alles was in meinen Rucksack passt. Normalerweise ist es eine Kamera mit langer Brennweite, eine Kamera mit kurzer Brennweite, Objektive im Bereich von 16 bis 300 mm, Akkus, Speicherkarten, rutschfeste Handschuhe, Halswärmer, Feuerzeug, Powerbank, Ladegeräte, Stirnlampe, Laptop, Kopfhörer, Regenmantel und ein Bolo – das ist ein Hemdschmuck für Jäger. Ich benutze kein Stativ oder Einbeinstativ, die halten nur auf.

Du veranstaltest seit einigen Jahren das Projekt Workshop Dog (kurz Wo-Do), das du in deinem Blog als Fotografie-Trainingsseminar beschreibst. Was kann man sich darunter vorstellen?

Es ist eine praktische Zusammensetzung von Interessen verschiedener Gruppen. Erstens Jagdkynologie, Fotografie und nicht zuletzt Pädagogik. Insbesondere in Bezug auf die Sicherheit des Fotografen bei der Jagd, die Sicherheit des Hundeführers bei der Jagd, außerdem gibt es ein fotografisches Fenster und verschiedene Seminare über Kynologie oder Jagd sind ebenfalls enthalten. 

Alles in allem geht es hauptsächlich darum, diese Gruppen miteinander zu verbinden. Es macht mir nichts aus, wenn jemand mit einer Kompaktkamera kommt… Die ganze Idee von Wo-Do ist es, Erfahrungen weiterzugeben und nicht Menschen beizubringen, genauso wie ich zu fotografieren.

Jagdfotograf Adam Simandel: Wenn ich überlebe, werde ich etwas zu erzählen haben

Deine Fotos erscheinen regelmäßig in den Medien und Publikationen, du hast auch eine Autorenausstellung hinter dir. Was ist deiner Meinung nach dein bisher größter Erfolg?

Sehr schwierige Frage. Wahrscheinlich würdest du erwarten, dass ich stichwortartig bestimmte Fotos nenne. Ja, ich habe es geschafft, mich bei verschiedenen Fotowettbewerben gut in der Welt zu platzieren. Aber der größte Erfolg sind für mich wahrscheinlich die Erfahrungen, die ich dank Einladungen von Leuten gemacht habe, die meine Arbeit verfolgen. Dies sind kleine Teile, die ein großes Ganzes bilden. Wenn die Leute neugierig sind und warten, was ich neues veröffentliche.

Und eine letzte Frage: Wenn du irgendwo auf der Welt ein Tier fotografieren könntest, wohin würde es dich verschlagen?

Da gibt es viele Länder und jede Jagd, jede Expedition ist sehr individuell. Unvergesslich und außergewöhnlich. Ich war noch nie in Neuseeland, Australien oder Afrika. Russland war geplant, aber leider kam Covid dazwischen. Und zum Tier – nun, wenn es mir einmal gelingen sollte, ein kitschiges Foto von einem Grizzlybären, der am Wasserfall Lachse fängt, aufzunehmen, möchte ich in einem Käfig mit Haien tauchen. Oder, was meiner Meinung nach realistischer ist, ein paar springende Haie an der Oberfläche vom Boot aus fotografieren.