Frühlingsblüten im Fokus
Ich kann es jedes Jahr gar nicht erwarten auf die Suche nach den ersten Frühlingsblüten zu gehen, nachdem die ersten warmen Sonnerstrahlen beginnen, die Natur nach dem langen Winterschlaf aufzuwecken. Zu Fuß oder mit Rad, aber jedenfalls mit Kamera, begebe ich mich an mehr oder weniger bekannte Orte, wo ich diese Frühlingsboten antreffen kann. Bevor auch Sie losstarten die Frühlingsnatur zu knipsen, schauen wir uns gemeinsam ein wenig die Technik des Blütenfotografierens an und notieren, was alles Sie außerdem dazu mitnehmen sollten.
Blütenfotografie scheint eigentlich relativ einfach zu sein. Man nähert sich der Blume und … Knips! Tatsächlich ist es wirklich nicht allzu schwierig, soll das Foto aber auch nach etwas aussehen, ist es so leicht nun auch wieder nicht. Ich werde Sie kurz auf ein paar mögliche Stolperfallen bei der Frühlingsfotografie und Nahaufnahmen der Blumen aufmerksam machen. Ich sage absichtlich nicht Makrofotografie, da man die Blütenfotografie nicht so einschränken sollte – man muss sie ja nicht immer ganz aus der Nähe fotografieren. Meine Tipps richten Sie an die breitmöglichste Öffentlichkeit, erfahrene Fotografen entschuldigen deshalb, bitte, die Themenvereinfachung.
HABE ICH DAFÜR DIE PASSENDE KAMERA?
Die erste Frage die jedem einfällt, ist, ob man für so eine Art von Fotografie die richtige Kamera besitzt. Natürlich bietet sich an zu raten, ein spezielles fixes Makroobjektiv zu verwenden, aber ich erlaube mir zu behaupten, dass Sie höchstwahrscheinlich mit jedem gängigen Objektiv, idealerweise mit einer längeren Brennweite (Zoom) und einer guten Lichtstärke, auskommen werden. Warum gerade mit solchen, werde ich noch später ausführen. Mit einer billigeren Kamera werden Sie wahrscheinlich lediglich keine so guten Ergebnisse erzielen, wie mit einem ordentlichen „Glas“. Trotzdem sollte man sich auf die technische Art und Weise der Blütenfotografie vorbereiten, ohne einfach „drauf los zu knipsen“.
Und noch etwas. Obwohl ich glaube , dass die Freude am Fotografieren genauso wichtig ist, wie die technische Perfektion, sollten Sie – bitte – auf das Fotografieren von Blüten mit Handys verzichten. Bei dieser Art von Fotografie können diese Objektive einfach nicht mithalten.
ZARTE SCHÖNHEIT
Frühlingsblumen sind meist klein und zart. Und damit ist das erste Problem beim Fotografieren verbunden – Wind. Obwohl sie nahe am Boden wachsen, können Sie vor allem auf ungeschützten Flächen auch von ganz leichten Böen bewegt werden. Und genau das braucht man bei Nahaufnahmen, meist mit kleiner Schärfentiefe, am wenigsten, da die feinen Details in der Bewegung leicht verwischt werden. Deshalb empfehle ich einen Windschutz mitzutragen, idealerweise aus weißem, durchsichtigem Material. Ausreichend ist eine kleines Stück fester Plastikfolie, die man zwischen zwei bis drei Stäben abstützt bzw. aufspannt. Bunte oder undurchsichtige Hintergründe sind – wie Sie sogleich aus den weiteren Zusammenhängen verstehen werden – nicht optimal. Aus ähnlichen Gründen empfiehlt es sich auch nicht direkt aus der Hand zu fotografieren, sondern ein Stativ benutzen und mit Fernbedienung oder verspäteter Exposition auslösen. Da Sie sich zu den Blüten hinunterbeugen müssen, bezieht sich mein Tipp auf ein kleines Stativ mit einstellbarer Höhe, das jedoch auch schwerere Kameras tragen kann – falls Sie ein solches besitzen. Beides – sowohl Stativ als auch Windschutz – werden Sie auch beim Aufnehmen von Baumblüten gut gebrauchen können, nur wird in diesem Fall das Stativ größer sein und für den Windschutz werden Sie irgendwen um Hilfe beim Halten bitten müssen.
SONNE UND SCHATTEN
Frühlingsblumen wachsen auf Wiesen und Wäldern und können sich deshalb sowohl in praller Sonne als auch ganz oder teils im Schatten befinden. Beides stellt eine weiteres Problem dar, das Sie aber recht leicht lösen können. Beim Fotografieren an schattigen Stellen kann man Reflexionsflächen verwenden, durch die man das zerstreute Licht auf die schattigen Stellen lenkt. Ideal sind weiße oder silberne Flächen, die die Farben des fotografierten Objekts nicht verändern. Ausreichend ist eine kleine, handliche Fläche mit 40 cm Durchmesser. Die Reflexionsfläche hilft auch dann, wenn Sie die Kamera viel zu nahe an das fotografierte Objekt positionieren. In gewissen Fällen könnten Sie nämlich somit einen Schatten auf die Szene werfen, während die Reflexionsfläche wiederum dazu verhilft, dunkle Stellen „aufzuhellen“. Hinsichtlich Schatten ist es generell günstiger, an bewölkten Tagen zu fotografieren, da dann das Licht gleichmäßig verteilt ist und die Schatten weich sind.
ACH DIESE FARBEN – KEIN ANGST VOR UNTERBELICHTUNG
Bei strahlendem Sonnenschein muss man versuchen, Überbelichtungen zu vermeiden, zu denen helle Blüten, aber auch Blätter, tendieren. Überbelichtungen stellen in jedem Fall Verluste in der Bildzeichnung dar. Sie sind schlecht, wenn auch nur in einem einzigen Farbkanal. Eine Blüte oder ein Blatt sieht nämlich ohne sichtbare Details ganz flach aus. Deshalb ist es notwendig, gut die Belichtung zu kontrollieren, und nicht nur am Histogramm am Display. Unter Berücksichtigung der eingestellten Methode der Belichtungsmessung und des Szenenkontrasts empfehle ich die Aufnahme bis zu einer ganzen Blendeneinheit zu unterexponieren!
Auch wenn Sie das Foto völlig richtig belichten, kann die Tageszeit der Aufnahme eine große Rolle spielen. Sie haben sicherlich schon von der sog. Farbtemperatur gehört. Wenn Sie eine wahrheitsgetreue Blütenfarbe erzielen wollen, ist es wichtig, den Weißabgleich der Kamera richtig einzustellen. Und das betrifft nicht nur die weißen Blüten von Schnee- und Knotenblumen. Beispielsweise die violetten Blüten der Küchenschelle können von Natur aus ziemlich deutlich ihre Farbtöne ändern und die Farbtemperatur hat auf deren endgültige Bildfarbe einen großen Einfluss. Für die richtige Einstellung des Weißabgleiches empfehle ich deshalb eine graue Tafel zu verwenden, mittels derer man den Weißabgleich an der Kamera oder den späteren Ausgleich der Farbtemperatur auf dem Computer anhand einer Referenzaufnahme einstellen kann.
Des weiteren ist es nützlich, einen Polarisationsfilter in der Ausstattung zu haben, da dieser für einen besseren Szenenkontrast und die Eliminierung von Reflexionen, die auf dem fotografierten Objekt oder im Hintergrund aufscheinen können, hilfreich ist. Die Verwendung von Polarisationsfiltern hat aber auch seinen Nachteil. Unter bestimmten Umständen kann der Filter den Kontrast sehr deutlich erhöhen und die Farbtemperatur beeinflussen (die Fotos haben bei automatischem Weißabgleich einen wärmeren Ton).
FOTOGRAFIEREN MIT BEDACHT
Die eigene Bildkomposition und kreative Herangehensweise müssen Sie ohne Hilfe von Technik und Natur lösen. Die frühen Frühlingsblumen wie Schneeglöckchen, Knotenblumen, Küchenschellen und weitere wachsen immer in großen Anhäufungen. Wählen Sie deshalb eine gut aussehende Blüte mit passendem Hintergrund aus und bereiten Sie in Ruhe Ihre Aufnahme vor. Außerdem wird der Hintergrund oftmals gern unterschätzt. Vergessen Sie nicht, dass, obwohl Sie meist mit kleiner Schärfentiefe fotografieren werden und der Hintergrund deshalb verschwommen ist, helle Blüten besser auf dunklen Farben hervorkommen und umgekehrt. Ich muss Sie wohl kaum die Grundregeln der Komposition und ihre Befolgung bzw. absichtliche Missachtung erinnern, in Frage steht jedoch, ob man die Szene ganz natürlich fotografieren oder sie ein wenig anpassen soll. Es ist ganz klar, dass man eindeutig störende Elemente wie diverse Objekte vor der Blüte entfernen sollte, andererseits sollte man den Blumen ihr natürliches Umfeld belassen. Die langweiligsten Frühlingsblumenbilder entstehen meiner Ansicht nach auf makellos gepflegten Gartenbeeten.
Es bieten sich aber auch noch weitere Möglichkeiten zur kreativen Fotografie an. Frühlingsblumen locken Insekten an und eine Biene oder ein Käfer können das Bild ganz schön beleben. Insekten muss man aber in einer günstigen Stellung und auf einem passenden Ort festhalten. Beachten Sie auch die voraussichtliche Bewegung und stellen Sie deshalb die richtige Belichtungszeit ein. Sehr malerisch wirken auch Wassertropfen nach einem Frühlingsregen auf den Blättern der Blumen. Möchten Sie eine solche Situation künstlich nachstellen, nehmen Sie einen Blumensprüher für Zimmerblumen mit, anhand dessen Sie die zeit nach dem Regen ganz gut simulieren können. Es ist wiederum nur eine Frage dessen, wie authentisch Ihre Fotos sein sollen.
OBJEKTIVAUSWAHL
Keine Angst, das Wichtigste habe ich nicht vergessen. Bereits eingangs habe ich ja die Auswahl des Objektivs erwähnt.
Eine große Brennweite und größtmögliche Lichtstärke des Objektivs sind wichtig für hochwertige Ergebnisse bei der Arbeit mit Schärfentiefen. Eine große Brennweite kombiniert mit einem niedrigen Blendenwert bzw. ein eingestellter Makromodus auf der Kamera ermöglichen die Erstellung eines unscharfen Hintergrunds und das Hervorheben der eigentlichen Blüte. Dies ist aber nicht immer wünschenswert. Möchte man die Blumen eher in ihrem Umfeld zeigen, nicht die einzelne Blüte über das ganze Bild, dann bevorzuge ich eher Fotos mit einer größeren Schärfentiefe, die den breiteren Kontext des Bildes besser einfängt.
Erwähnenswert ist auch das eigentliche Schärfen. Vergessen Sie nicht, dass je nach Brennweite der Kamera aus einer bestimmten Entfernung fotografiert werden muss, auch etwa aus einigen mehreren Zentimetern. Es ist physikalisch einfach nicht möglich, sich mit jeder Kamera an die Blüte zu „kleben“, da Sie dann nicht richtig schärfen können.
Für den richtigen Fokus bei einer niedrigen Schärfentiefe ist es weiter unerlässlich, die Fokussierungspunkte richtig einzustellen, vor allem bei Kompositionen ohne Mittelfokus. Überlassen Sie alles der Automatik und fotografieren mit Stativ, kann es sein, dass Sie gar nichts scharf stellen. Falls Sie bei Ihrer Kamera die Fokuspunkte nicht manuell einstellen können, müssen Sie einfach experimentieren.
FOTOBEARBEITUNG AM COMPUTER
Zum Schluss bleibt noch die Frage der Fotobearbeitung. Auch wenn Sie noch nichts fotografiert haben, ist dieses Thema keinesfalls zu frühzeitig. Wenn Sie bedenken, was für ein komplexes Problem das erfolgreiche Fotografieren darstellt, ist es angebracht darüber nachzudenken, in welches Format Sie fotografieren möchten. Wenn Sie richtig gute Fotos erzielen möchten, sollten Sie Ihre Aufnahmen eher in RAW speichern. Die Bearbeitung von RAW Dateien ermöglicht Ihnen eine viel bessere Anpassung von Belichtung, Farben, die bessere Verarbeitung des Dynamikumfangs einer Szene, der Schärfe und des Rauschens, als wenn Sie Ihre Fotos „nur“ in JPEG aufnehmen. Ich will damit nicht sagen, dass an JPEG-Fotos nicht verwenden kann, es ist jedoch klar, dass Sie am PC mit Ihnen keine so großen „Wunder“ anstellen können.
Auf jeden Fall gilt zu beachten, dass, wenn Sie genügend Zeit haben, Sie experimentieren sollen. Auch das beste Fotobearbeitungsprogramm (auch das Zoner Photo Studio) wird Ihnen nichts nützen, wenn in der Aufnahme Bildinformationen fehlen, die man nicht mehr hereinholen kann. Sind Sie sich beim Fotografieren unsicher, erstellen Sie mehrere Aufnahmen mit verschiedenen Belichtungswerten, unterschiedlichen Kameraeinstellungen und diversen Kompositionen. Werten Sie die Bilder erst in Ruhe zu Hause am Computer aus. Ein Foto löschen können Sie immer, dass ist der große Vorteil der digitalen Fotografie, die Fotos nochmals erstellen ist in den meisten Fällen nicht möglich.
Sind Sie bereit? Alles parat? Denn der Frühling ist da!
Anonymous
Bei Ihren schönen Blumenfotos handelt es sich um Frühlingsknotenblumen. Maiglöckchen werden Sie kaum im März antreffen ( außer in Glashäusern).
Liebe Grüße aus Wien.
Wolfgang, Fotograf und Vortragsredner zahlreicher Österreichischer und Bayerischer Bildungsinstitutionen.
Zoner Redaktion
Guten Tag Herr Lirsch, vielen Dank für Ihre Anmerkung. Natürlich geht´s um Knotenblumen. Den Fehler haben wir schon korrigiert. Schöne Grüße, Zoner Redaktion
Jomue
Hallo,
kann ich auch von mir Fotos bei Euch einstellen.
Gruß Jomue
Zoner Redaktion
Guten Tag Jomue, senden Sie uns Ihre Fotos an magazin@zonerama.de. Wir freuen uns sehr darauf! Schöne Grüße, Zoner Redaktion