Fotografische Übung – Abstrakte Farbkompositionen

Farben sind überall um uns herum und wir nehmen sie oft nur indirekt wahr, doch sie sind ein wichtiges Element in der Fotografie. Hier ist eine Übung, die Sie dazu bringt, sich auf die verschiedenen Farben zu konzentrieren und wie man sie ästhetisch erfassen kann.

Für diese fotografische Übung ist es nützlich, ein paar grundlegende Dinge über Farben und ihre Kombinationen zu wissen, daher werde ich im ersten Kapitel kurz ein paar wichtige Informationen resümieren.

In diesem Artikel verwende ich den Begriff Farbe hauptsächlich für Farbtöne. Sättigung und Helligkeit spielen hier keine große Rolle, obwohl es eine gute Idee ist, sie in den Bildern in vernünftigen Grenzen zu halten, damit die Farbtöne voneinander unterscheidbar sind.

Farbtheorie in Kurzfassung

Verschiedene Farben können auf viele verschiedene Arten dargestellt werden, und der Farbkreis ist seit einigen Jahrhunderten ein Maßstab für Künstler. Er kann etwas komplexer sein und Helligkeiten oder Sättigungen zeigen, aber wir sind nur an den Farbtönen interessiert.

Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Farbkreis, der auf der RGB-Trinität basiert. Es gibt auch einen alternativen Farbkreis auf der Grundlage von RYB (red – yellow – blue), der sich besser für das Mischen von Pigmenten als für das Mischen von Licht eignet.

Die Meister der Malerei haben schon lange vor uns erkannt, dass bestimmte Farben in Kombination ansprechend wirken. Wir werden uns vor allem für zwei Fälle interessieren:

  • Analoge (verwandte) Farben, die sich im Farbkreis nebeneinander befinden
  • Komplementärfarben (ergänzende Farben), d. h. Farben, die einander gegenüberliegen

Analoge Farben sind die Grundlage für eine ruhige Harmonie, während komplementäre Paare einen maximalen Farbkontrast erzeugen.

Zusätzlich zu diesen Möglichkeiten gibt es noch andere Kombinationen mit drei oder mehr Farben, auf die wir hier aber nicht eingehen werden. Mehr dazu finden Sie in Coloring Schritt-für-Schritt I: Farbtheorie

Aufgabenstellung

Die Herausforderung besteht darin, verschiedene abstrakte Farbkombinationen zu finden und zu fotografieren, entweder verwandte oder komplementäre Farben. Abgesehen von den Farben selbst sollten Sie sich auch Gedanken über die Komposition machen, damit Sie am Ende kein trockenes, beschreibendes Foto mit unterschiedlichen linken und rechten Hälften haben.

Wie üblich ist die Aufgabe selbst einfach, dennoch sollten Sie einige wichtige Punkte beachten:

  • Da wir abstrakte Bilder anstreben, fotografieren wir in der Regel Details, bei denen man nicht wirklich erkennen kann, was abgebildet ist. Das Ziel ist es, eben diese Farben hervorzuheben und sie in einer eleganten Komposition einzufangen.
  • Wir suchen nur nach einer Kombination von zwei Farben. Es sollten nicht mehr oder weniger Farben im Bild sein.
  • Schwarz, Weiß und Grau sind für uns hier keine „Farben“ (Farbtöne). Sie sind zwar auf dem Bild zu sehen, zählen aber weder zu den Farbkombinationen noch zu den störenden Farbtönen.
  • Beachten Sie auch, dass es darum geht, auf die Straße oder in die Natur zu gehen. Zu Hause ist eine solche Übung einfacher, weil man die entsprechenden Dinge aufeinander legen kann.

Meistens findet man wahrscheinlich nicht die perfekte Kombination zweier Farben aus dem Farbkreis, daher ist es in Ordnung, wenn das Farbpaar nicht in einem perfekten Verhältnis zueinander steht.

Im Laufe der Jahre hat sich herausgestellt, dass sich manche Dinge zu sehr wiederholen, weshalb ich auch weitere Einschränkungen anwende, die Sie einhalten können oder auch nicht: Es ist verboten, den Himmel, Pflanzen, Obst, Gemüse oder große Teile von Gebäuden zu fotografieren. Seit kurzem denke ich auch darüber nach, Plastikbehälter und Straßenschilder zu verbieten.

Drei Stufen der Fotografie

Ich persönlich bin der Meinung, dass man Fotos auf drei Arten konzipieren kann.

Der erste und einfachste Weg ist, die Farben zu finden und zu erfassen, die der Designer eines Objekts nebeneinander platziert hat. Er beherrschte auch die Farbtheorie und setzte die Farbtöne bewusst ein, sodass wir keine Kombinationen finden und erstellen müssen. Dennoch bleibt die fotografische Kunst, sich umzusehen und eine interessante Komposition zu wählen.

Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Die verwandten Farben wurden vom Designer ausgewählt.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/4, ISO 100, Brennweite 150 mm

Die zweite Stufe besteht darin, Objekte zu erkennen, die sich zufällig nebeneinander befinden, deren Farben aber zusammenpassen. Diese Kombination wurde nicht von der Hand eines Designers geschaffen, sondern vom Fotografen entdeckt.

Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Hier sind die Komplementärfarben auf den Aufklebern wahrscheinlich nur Zufall.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/8, ISO 1000, Brennweite 46 mm

Die dritte Stufe ist das absichtliche „Abwarten“ (Vorhersehen?) eines Farbpaares, was komplizierter sein kann als die vorhergehende Option, aber nicht muss.

Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Für die entsprechenden Farben musste ich am Zebrastreifen warten.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/8, ISO 500, Brennweite 150 mm

Farbkompositionen

Es geht vor allem darum, Farben mit möglichst wenigen ablenkenden Elementen zu fotografieren. Ein paar gut platzierte Schatten oder Linien sind in Ordnung, aber ein von der Seite hereinragender Busch oder eine Mülltonne im Hintergrund sind unerwünscht.

Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Auf dem Foto ist eine Menge „Action“, und der Betrachter weiß nicht, worauf er sich konzentrieren soll.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/10, ISO 12800, Brennweite 35 mm

Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Auf so engem Raum ist es schwieriger, den Hintergrund auszublenden, aber es ist machbar, besonders mit einem Teleobjektiv.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/10, ISO 10000, Brennweite 150 mm

Es ist also am besten, möglichst enge Aufnahmen zu machen oder Details noch weiter aus den Fotos herauszuarbeiten, wenn man nicht zu nah herankommen konnte oder die Unvollkommenheiten erst später bemerkt hat.

Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Auch hier gibt es viele Dinge am Bildrand, die nicht zur Komposition beitragen.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/10, ISO 3200, Brennweite 35 mm
Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Einfach das Bild zuschneiden und die Situation sieht ganz anders aus.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/10, ISO 10000, Brennweite 35 mm

Ein Teleobjektiv ist von Vorteil, da es mit seinem engen Bildausschnitt die Eliminierung unerwünschter Objekte an den Seiten erleichtert, aber auch das optische Heranzoomen von ansonsten weiter entfernten Motiven ermöglicht.

Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Ich weiß, dass Pflanzen, einschließlich Gras, hier nicht fotografiert werden sollten, es ist aber ein schönes Beispiel dafür, wie zwei entfernte farbige Dinge mit einem Teleobjektiv zusammengebracht werden können.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/9, ISO 1600, Brennweite 150 mm
Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Die Objekte sind in Wirklichkeit etwa zwei Meter voneinander entfernt.

Was die tatsächliche Platzierung der Dinge im Bild angeht, kommt es auf die jeweiligen Umstände an. Manchmal ist eine zentrale Komposition sinnvoll und interessant.

Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Zentrale Komposition an einer besprühten Wand.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/8, ISO 1600, Brennweite 150 mm

Meistens ist es aber sinnvoll, sich an den Goldenen Schnitt oder die Drittel-Regel zu halten.

Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Die Alternative in Form des goldenen Schnitts.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/8, ISO 1600, Brennweite 150 mm

Ebenso ist es oft interessant, die Kamera zu drehen, um Diagonalen zu erzeugen.

Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Diagonale Komposition.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/8, ISO 1600, Brennweite 66 mm

Damit es nicht langweilig wird, sollten Sie nicht nur senkrecht zum Motiv/zur Wand/zur Ebene fotografieren, sondern auch einige Längsaufnahmen ausprobieren.

Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Nur ein bisschen näher an der Wand. Dafür konnte ich besser (auf was anderes) fokussieren.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/8, ISO 1000, Brennweite 72 mm

Häufige Probleme

Mir fällt oft auf, dass die Bilder unnötig breit aufgenommen werden, dabei würde schon ein einfacher Beschnitt viele störende Elemente an den Seiten beseitigen. Das habe ich bereits oben erwähnt.

Auch ein schiefer Horizont ist ein laienhaftes Merkmal. Natürlich ist dies in manchen Fällen beabsichtigt, aber dann muss man die Kamera deutlich drehen und nicht nur um ein paar Winkelgrade. Fortgeschrittene Fotografen beheben dieses Problem automatisch bei der Bildbearbeitung.

Ein unnötig schiefes Foto.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/8, ISO 640, Brennweite 150 mm
Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Hier wurde der Horizont ausgerichtet, die Perspektive korrigiert und das Ganze so beschnitten, dass nur das Wichtigste übrig bleibt.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/8, ISO 640, Brennweite 150 mm

Ein weiterer Stolperstein ist der Mangel an gesättigten Farben, die dem Fotografen zu diesem Zeitpunkt gut erschienen, aber für die Kamera nicht ausdrucksstark genug sind. Manchmal liegt das Problem an einem fehlerhaften automatischen Weißabgleich, der eine der Farben in Richtung Grau verschoben hat. In diesem Fall besteht die Lösung darin, entweder mit einem manuell eingestellten Weißabgleich und/oder im RAW-Format zu fotografieren und später einen Farbabgleich vorzunehmen, um das Bild an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Eine ähnlich häufige Situation ist, dass die Farbe vor Ort wirklich nicht sehr gesättigt war, und in diesem Fall ist es ratsam, die Sättigung zu erhöhen, entweder für diese Farbe selbst oder für das gesamte Foto.

Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Die Kamera wurde durch das Bild vor ihr verwirrt, weshalb sie statt eines blaugrünen Autos ein graues Auto vor sich vermutete, das von einem blaugrünen Licht beleuchtet wurde, und das Weiß entsprechend ausglich. So wurde das Auto grau.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/9, ISO 1250, Brennweite 150 mm
Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Nach der Korrektur des Weißabgleichs auf dem PC kehrten die Farben zu den ursprünglichen zurück. Gleichzeitig kann dies eine Gelegenheit sein, einige kleinere Anpassungen an den Farben vorzunehmen, damit sie besser aufeinander abgestimmt sind.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/9, ISO 1250, Brennweite 150 mm

Es kommt auch vor, dass zu wenige oder zu viele Farben abgebildet sind. Das Ziel sind eigentlich genau zwei Hauptfarbtöne und eventuell ignorierte Schwarz-Weiß- und Grautöne, die dazu passen.

Fotografische Übung - Abstrakte Farbkompositionen
Ein kompositorisch interessantes Bild, das jedoch nur Rot enthält. Der übrige Raum wird für die Zwecke dieser Übung ignoriert.
Sony A7R V, Tamron 35-150/2-2.8, 1/250, f/10, ISO 3200, Brennweite 150 mm

Farben sind einfach spannend

Ich hoffe, diese Übung hat Ihnen Spaß gemacht und Sie haben erkannt, welche Farbkombinationen es um Sie herum gibt und dass Sie auch dann, wenn es um Sie herum nichts wirklich Fotogenes gibt, nach Details suchen und diese auf elegante Weise einfangen können.

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AutorVít Kovalčík

Ich bin seit 2012 freiberuflich tätig und verdiene meinen Lebensunterhalt als Fotograf in Brünn. In den vergangenen Jahren habe ich meine Erfahrungen mit Fotografie im Studio und anderswo gesammelt, als ich tagsüber arbeitete und abends und am Wochenende fotografierte. Ich habe kein bestimmtes Thema - ich fotografiere gerne Menschen, aber auch Landschaften und Städte.

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