Fotografieren von Kleintieren

Wahrscheinlich hat jeder von uns schon einmal versucht, ein Kleintier – sei es die eigene Katze oder der Hund, oder ein zahmes Eichhörnchen im Park – zu fotografieren. Viele Fotografen machen aber unnötige Basisfehler, weshalb es den Bildern dann oftmals an dem gewissen Etwas fehlt. Im Folgenden werde ich gängige Mängel an einer Fotoserie aufzeigen.

Als in meinem Garten ein kleiner Igel herumspazierte, habe ich die Gelegenheit genutzt, um eine Reihe von Aufnahmen aus diversen Blickwinkeln zu machen. Ich wollte hiermit die markanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Blickwinkeln hervorheben.

Die ersten Bilder waren stilmäßig ähnlich, wie jene, die ich oftmals auf Facebook oder in anderen Galerien bei Leuten sehe, die nur sehr sporadisch fotografieren. Dabei ist es gar nicht so aufwendig, bessere Fotos zu erstellen. Man muss nur gewisse Kompositionsregeln einhalten und nicht davor zurückschrecken, sich auch beispielsweise auf den Boden zu legen.

Anhand der folgenden Fotoserie, die ich erstellt habe, möchte ich Ihnen einige grundlegende Fehler vorführen und Ihnen zeigen, wie Sie es beim nächsten Mal besser machen können und Ihre Fotos professioneller aussehen.

Foto 1: Sichere Entfernung – langweilig

Canon 5D Mark III, Canon EF 100/2,8 Macro IS , 1/125 s, f/2.8, ISO 500, Brennweite 100 mm
Canon 5D Mark III, Canon EF 100/2,8 Macro IS , 1/125 s, f/2.8, ISO 500, Brennweite 100 mm

Eine solche Aufnahme geht fast immer. Auch ich habe sie gemacht. Sie entstand eher als gewisse Sicherheit für den Fall, dass der Igel nicht mehr länger kooperieren und davon laufen würde.

Praktisch jede andere Aufnahme wäre besser gewesen – dieses Bild wurde unnötig aus einer viel zu großen Entfernung geschossen und das Tier selbst sieht man nur so la la. Auch die Tatsache, dass in der oberen rechten Ecke der Zaun zu sehen ist, macht es nicht gerade besser. Es wäre hilfreich, das Foto entweder stark zuzuschneiden oder – noch besser – näher heranzugehen und nochmals zu fotografieren.

Überdies können Sie bemerken, dass ich trotz der guten Objektivlichtstärke f/2.8 eine ISO-Empfindlichkeit von 500 einstellen musste. Obwohl sich die Szene draußen abspielt, hat es bereits gedämmert und es gab nicht übermäßig viel Licht.

Foto 2: Mit kleinen Schritten voran

Canon 5D Mark III, Canon EF 100/2,8 Macro IS , 1/160 s, f/2.8, ISO 500, Brennweite 100 mm
Canon 5D Mark III, Canon EF 100/2,8 Macro IS , 1/160 s, f/2.8, ISO 500, Brennweite 100 mm

Obwohl die zweite Aufnahme schon etwas besser ist, stellt unser Insektenfresser immer noch lediglich einen kleinen Bildbereich dar, der Rest wird von relativ uninteressantem Gras ausgefüllt. Das verleiht dem Foto zwar einen gewissen Kontext, gleichzeitig verdeckt es aber das Hauptmotiv und man sieht zum Großteil nur langweiliges Grün, das nicht besonders beeindruckt.

Von diesem Bild kann man aber bereits eine wichtige Regel ableiten: man sollte aus jener Höhe fotografieren, die dem konkreten Tier entspricht, am besten auf seiner Augenhöhe. Im Endeffekt wird der Betrachter somit viel mehr in die Szene hineingezogen. Ich konnte bei diesem Beispiel nicht mehr tiefer gehen, da der Igel durch das Gras nicht mehr zu sehen gewesen wäre. Ich stehe deshalb knapp darüber.

Foto 3: Seltsame Alternative – Ansicht von oben

Canon 5D Mark III, Canon EF 100/2,8 Macro IS , 1/125 s, f/3.5, ISO 500, Brennweite 100 mm
Canon 5D Mark III, Canon EF 100/2,8 Macro IS , 1/125 s, f/3.5, ISO 500, Brennweite 100 mm

Diese Ansicht ist typisch für viele „Mobilfotos“ auf Facebook. Sie ist zwar nicht gänzlich zu verwerfen, dennoch macht sie einen sehr beschreibenden Eindruck und der Betrachter empfindet keinerlei Zusammenhang mit einem lebendigen Wesen (das in diesem Fall noch dazu aufgrund der kleinen Blende unnötigerweise unscharf ist – das ist allerdings mein Fehler, der nichts mit diesem Artikel zu tun hat).

Auch wenn diese Aufnahme aus der Nähe gemacht wurde, fehlt die bereits thematisierte Regel der richtigen Höhe. Wie es richtig aussehen sollte, sehen Sie auf folgendem Foto.

Foto 4: Siegervariante – nah und tief

Canon 5D Mark III, Canon EF 100/2,8 Macro IS , 1/160 s, f/4, ISO 4000, Brennweite 100 mm
Canon 5D Mark III, Canon EF 100/2,8 Macro IS , 1/160 s, f/4, ISO 4000, Brennweite 100 mm

Die Ansicht mit der wohl größten Wirkung auf den Betrachter. Ich habe das Format so ausgefüllt, dass es gänzlich ausgenutzt und das kleine Tier in seiner vollen Größe abgebildet wird.

Trotzdem würde ich das nächste Mal ein wenig mehr Raum rundherum wählen – in diesem Fall war das Format so eng, dass ich das Foto für den Artikelkopf, der ein Verhältnis von 16:9 aufweist, nicht vernünftig zuschneiden konnte und es stattdessen auseinanderziehen und an den fehlenden Seiten retuschieren musste (sagen Sie es aber, bitte, nicht weiter, meinem Chef ist es hoffentlich bisweilen nicht aufgefallen).

Da sich durch das Annähern die Schärfentiefe verringert hat, habe ich eine größere Blende von f/4 verwendet, und da ich wohl zugleich in den Schatten eines Baumes geraten bin, musste ich die ISO-Empfindlichkeit auf 4000 erhöhen.

Sie können sehen, dass im Vergleich insbesondere mit der ersten Aufnahme des Artikels dieses niedrige Bild viel wirkungsvoller ist. Gleichzeitig ist es natürlich etwas schwieriger, da es bei sich bewegenden Tieren nicht einfach ist, richtig zu schärfen. Scharf sollten zumindest die Augen sein, was mir bei weitem nicht bei allen Fotos gelungen ist und dieses Bild hat mich somit mehrere Versuche gekostet. Zum Glück hat das Model perfekt zusammengearbeitet und ließ mich insgesamt etwa 15 Minuten herumexperimentieren. Währenddessen ist es durch den Garten spaziert und hat mich völlig ignoriert. Wäre ich ihm nicht ein paar Mal ausgewichen, hätte es mich womöglich gerammt, oder verkostet.

Bei dieser Art von Motiven sind Kameras mit ausklappbaren oder anders einstellbaren Displays von großem Vorteil. Da meine Kamera über diese Option nicht verfügt, hatte ich beim Fotografieren über das normale Display einiges zu tun, um überhaupt überblicksmäßig das aktuelle Geschehen und die Fokusstelle verfolgen zu können. In manchen Fällen lohnt es sich sogar, sich auf den Boden zu legen. Schon paar mal war ich froh darüber, dass ich in der Stativhülle auch ein Stück Plastik mittrage, das ich notfalls als provisorische Liegefläche verwenden kann.

Möchte man auch ein wenig die Umgebung im Bild haben, sollte das Hauptobjekt nicht mittig, sondern am Rand platziert werden. Nicht alle Verschiebungen sehen aber gleich gut aus (siehe etwa die Bilder weiter unten).

Foto 5 und 6: Alternativen mit Fläche rundum

Canon 5D Mark III, Canon EF 100/2,8 Macro IS , 1/125 s, f/3.5, ISO 3200, Brennweite 100 mm
Canon 5D Mark III, Canon EF 100/2,8 Macro IS , 1/125 s, f/3.5, ISO 3200, Brennweite 100 mm
Canon 5D Mark III, Canon EF 100/2,8 Macro IS , 1/125 s, f/3.5, ISO 3200, Brennweite 100 mm
Canon 5D Mark III, Canon EF 100/2,8 Macro IS , 1/125 s, f/3.5, ISO 3200, Brennweite 100 mm

Falls Sie auch Dinge aus der Umgebung ins Bild miteinschließen wollen, achten Sie darauf, dass dieser Platz vor dem Kopf oder in der Richtung, in die der Kopf gedreht ist, geschaffen wird. Die Aufnahme wirkt offener und nicht, wie beim ersten der beiden Bilder, als ob der Igel in den Rahmen laufen würde.

Da man nie genau vorhersagen kann, wohin sich das Tier bewegen wird und man oft auch nicht so schnell reagieren kann, kann man die Aufnahme nicht immer genau so erstellen. In solchen Fällen ist es einfacher und praktischer, die Aufnahme breiter und mit Hauptmotiv in der Mitte zu erfassen und das Bild erst im Nachhinein am Computer zuzuschneiden.

Foto 7: Detail

Canon 5D Mark III, Canon EF 100/2,8 Macro IS , 1/125 s, f/4.5, ISO 4000, Brennweite 100 mm
Canon 5D Mark III, Canon EF 100/2,8 Macro IS , 1/125 s, f/4.5, ISO 4000, Brennweite 100 mm

Ich habe versucht, noch näher an den Igel heranzukommen, dabei waren aber die Igelbewegungen schon viel zu schnell und der Schärfungsmechanismus der Kamera war durch das viele Gras, die Haare und das schlechte Licht beeinträchtigt. Ich habe mich zwar stets bemüht, auf die Schärfe der Augen zu konzentrieren, aber das beste Ergebnis war nur dieses Bild. Solche Experimente erfordern bereits viel Geduld, als Belohnung dafür kann man aber effektive oder amüsante Details aus der Tierwelt erreichen.

Zusammenfassend: Näher und tiefer!

Es ist wohl wenig überraschend, dass eines der berühmtesten fotografischen Zitate folgendes besagt: „Wenn Ihre Bilder nicht gut genug sind, waren Sie nicht richtig nahe dran.“ Das gilt ohne Einschränkungen auch hier.

Ergänzend möchte ich nur erwähnen, dass die oben angeführten Ratschläge nicht nur für Igel, sondern auch auf andere Tiere, Kinder und gegebenenfalls auch auf Blumen anwendbar sind. In all diesen Fällen erzielen Sie gute Ergebnisse, wenn Sie Ihre Knie anstrengen und sich auf das Niveau des fotografierten Objekts „herunterlassen“.

Canon 5D Mark II, Canon EF 70-200/2,8 IS II, 1/190 s, f/2.8, ISO 400, Brennweite 190 mm
Canon 5D Mark II, Canon EF 70-200/2,8 IS II, 1/190 s, f/2.8, ISO 400, Brennweite 190 mm
Canon 5D Mark II, Canon EF 70-200/2,8 IS II, 1/500 s, f/4, ISO 100, Brennweite 200 mm
Canon 5D Mark II, Canon EF 70-200/2,8 IS II, 1/500 s, f/4, ISO 100, Brennweite 200 mm

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AutorVít Kovalčík

Ich bin seit 2012 freiberuflich tätig und verdiene meinen Lebensunterhalt als Fotograf in Brünn. In den vergangenen Jahren habe ich meine Erfahrungen mit Fotografie im Studio und anderswo gesammelt, als ich tagsüber arbeitete und abends und am Wochenende fotografierte. Ich habe kein bestimmtes Thema - ich fotografiere gerne Menschen, aber auch Landschaften und Städte.

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