Ethik in der Fotografie: Wie macht man Fotos, ohne jemandem oder sich selbst zu schaden

Ethik in der Fotografie: Wie macht man Fotos, ohne jemandem oder sich selbst zu schaden

Ein gutes Foto um jeden Preis? Fotografen sollten diesem Wunsch nicht unterliegen. Es ist nicht nur wichtig, dass man ein gutes Foto macht, sondern auch, dass man die aufgenommenen Personen, ihre Würde und die Bräuche des Landes oder der Kultur berücksichtigt, in dem man fotografiert. Viele Fotografen gerieten sogar schon in Schwierigkeiten, weil sie grundlegende ethische Regeln missachteten. Lernen Sie diese zu vermeiden!

Ethik ist kein Gesetz. Daher findet man keine geschriebenen allgemeinen Regeln, die strikt eingehalten werden müssen. Schon deshalb, weil unser Handeln immer auf einer bestimmten Situation basiert. Außerdem kann man rechtlich nicht für unethisches Verhalten bestraft werden. 

Die fotografische Ethik scheint daher ein relativ abstrakter Begriff zu sein. Dennoch können bestimmte Kriterien formuliert werden, die uns in bestimmten Situationen die Entscheidung erleichtern, ob der Auslöser gedrückt werden soll oder nicht.

Seien Sie rücksichtsvoll gegenüber Unbekannten 

Das Fotografieren von unbekannten Personen stellt immer ein Dilemma dar: Sie um ihre Zustimmung zu bitten und somit riskieren, dass sie posieren oder sie unbemerkt ohne ihre Zustimmung, aber in authentischer Form zu fotografieren? Wenn Sie den zweiten Ansatz bevorzugen, müssen Sie sorgfältig überlegen, ob Sie die Person auf dem Foto genau so darstellen möchten. Ob es für ihn keine Schande wäre, wenn Sie einige seiner Merkmale auf dem Foto hervorheben und dergleichen. 

Ethik in der Fotografie: Wie macht man Fotos, ohne jemandem oder sich selbst zu schaden

In diesem Fall können wir uns im übertragenen Sinne mit der ethischen Theorie von Immanuel Kant, dem kategorischen Imperativ, helfen. Dieser lautet: „Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“

In unserem Fall können wir uns die Frage stellen, ob ich (oder auch andere Personen) so aufgenommen werden möchte, wie ich diesen Fremden aufnehme.

Ein anderer Fall wäre, wenn das Gesicht des Fremden auf dem Foto nicht zu sehen wäre. Dann können wir bei unseren ethischen Kriterien Kompromisse eingehen, weil die unbekannte Person in Anonymität gehüllt bleibt.

Fotografieren Sie Menschen mit Demut

Wir sollten auch auf Ethik achten, wenn wir Menschen fotografieren, die wir kennen oder von denen wir die Zustimmung zum Fotografieren haben. Wir sollten versuchen ihre Geschichte wahrheitsgetreu zu fotografieren, aber sie nicht ironisieren oder in keiner Weise entwürdigen. 

Die amerikanische Fotografin Diane Arbus fotografierte Menschen aus verschiedenen Subkulturen, am Rande der Gesellschaft, oft mit körperlichen und geistigen Abweichungen. Aber sie wollte nicht schockieren oder eine Sammlung von merkwürdigen Menschen erschaffen. Ziel ihrer Arbeit war es, das tägliche Leben dieser Menschen zu zeigen und so zu ihrer besseren gesellschaftlichen Akzeptanz beizutragen.

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Berücksichtigen Sie den kulturellen Kontext

Ob Sie in Ihrem Heimatland oder in einer exotischen Ecke der Welt fotografieren, berücksichtigen Sie immer die Umgebung, in der Sie sich befinden. Jede Kultur und Subkultur hat ihre kulturellen Muster, Traditionen, ihre sensiblen Orte und sensiblen Themen. Insbesondere unter dem Begriff „Privatsphäre“ kann man nicht nur in verschiedenen Kulturen, sondern auch unter Menschen in unserer Gesellschaft auf unterschiedliche Interpretationen stoßen. In einigen autoritären Ländern kann es in extremen Fällen zu großen Problemen mit unachtsamen Aufnahmen kommen.

Wenn Sie sich der Reisefotografie widmen, sollten Sie vor der Reise immer die kulturellen Besonderheiten studieren. Nicht nur, dass Sie die Einheimischen versehentlich in Verlegenheit bringen, sondern auch selbst in Schwierigkeiten geraten könnten. In den letzten Jahren gab es viele Vorfälle, in denen Touristen verliebte oder möchtegern-lustige Fotos vor einer Moschee oder einem buddhistischen Tempel machten und bestenfalls mit einer Geldstrafe davonkamen.

Ethik in der Fotografie: Wie macht man Fotos, ohne jemandem oder sich selbst zu schaden

Vorsicht bei der Bildbearbeitung

Ein weiteres großes ethisches Problem der zeitgenössischen Fotografie ist die Manipulation. Besonders beim Fotojournalismus handelt es sich um eine besonders unethische Handlung. Fotos, die in den Medien erscheinen, beeinflussen Tausende, oft Millionen von Menschen auf der ganzen Welt und können auf politische Entscheidungen Einfluss haben.

Manipulierte Fotos werden aber auch von manchen politischen Regimen veröffentlicht, die Propaganda verwenden. Einer der bekanntesten Fälle ist ein Foto von vier Raketen, die irgendwo in der iranischen Wüste abgefeuert wurden. Das Foto wurde von der iranischen  Revolutionsgarde veröffentlich, und noch am selben Tag wurde enthüllt, dass nur drei Raketen abgefeuert worden waren. 

Im Allgemeinen könnte man sagen, dass die Manipulation im Fotojournalismus auf der Ebene grundlegender Bearbeitung gehalten werden sollte, bei denen in die Geschichte des Fotos in keiner Weise eingegriffen wird. Auch bei internationalen Fotowettbewerben ist es höchstens erlaubt den Sensor-Schmutz vom Foto zu entfernen, und auf keinen Fall etwas zu entnehmen oder hinzuzufügen.

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Eine andere Sache ist die Manipulation der Fotografie zum Beispiel beim Fotografieren einer Landschaft, in der man normalerweise mit effektvoll aussehenden Farben und Kontrasten arbeitet. Oder in der Modefotografie, wo Körperteile oft sogar ersetzt oder verschiedene Unvollkommenheiten der Modells retuschiert werden. In keinem der Fälle muss es sich jedoch um eine unethische Handlung handeln, da sich die Grenzen der illegalen Manipulation in diesen Genres viel komplizierter bestimmen lassen. 

Seien Sie vernünftig

Sie können allem, was ich oben geschrieben habe, widersprechen, indem Sie sagen, dass ein Fotograf, um Authentizität und Wahrhaftigkeit zu erlangen, in gewisser Weise unhöflich sein und die Situation so darstellen muss, wie er es fühlt. Also in bestimmten Momenten die Ethik beiseite werfen. Und ich werde Ihnen zustimmen. Es ist aber immer notwendig, nach der Bedeutung des auf diese Weise erstellten Fotos zu fragen und die Arbeit mit Gefühl und Vernunft anzugehen. 

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Für Aristoteles war Rationalität die Haupttugend und die Grundsäule seiner Ethik. Man neigt immer dazu, sich dem einen oder anderen Extrem zuzuwenden, und gerade Rationalität ist die Fähigkeit, das Zentrum zwischen diesen beiden Extremen zu finden. In unserem Fall könnten wir daher über die Fähigkeit sprechen, einen Mittelweg zwischen dem Drang, alles der Authentizität und der guten Aufnahme zu unterwerfen, und einem übermäßig strengen Festhalten an Ethik und unnötiger Moralisierung zu finden.  

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AutorOndrej Cechvala

Fotografie bereitet mir Spaß und ist gleichzeitig mein Lebensunterhalt. Entweder trifft man mich mit meiner Kamera bei einer Hochzeit oder irgendwo in der Welt. Vom Polarkreis bis zum Äquator. Ich finde überall dort ein Zuhause, wo ich lächelnden Menschen begegne. Ich sammle dann gerne Geschichten von Menschen und Orten, aus denen ich längere Serien zusammenstelle. Einige davon finden Sie auf meiner Website.

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